DEUTSCHLAND UND AFRIKA KÖNNEN VOM PARISER ELF-PROZESS LERNEN
: Gefängnis für die Bosse

Die Haftstrafen, die gestern gleich reihenweise in Frankreichs Elf-Schmiergeldprozess verhängt wurden, sind ein Durchbruch für den internationalen Kampf gegen Korruption. Zum ersten Mal werden Verantwortliche eines Konzerns, der für die Verquickung von geschäftlichen und politischen Interessen und für die Errichtung kunstvoller Geldwaschanlagen geradezu legendär geworden ist, zur Rechenschaft gezogen. Hoffentlich ist dies nicht das Ende dieser Aufarbeitung schmutziger Vergangenheit, sondern ihr Anfang.

Dass die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland auch nicht nur annähernd den Eifer der Franzosen an den Tag legen, was die immer noch unaufgeklärte Affäre um die Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Raffinerie betrifft, ist ein Zeichen dafür, dass die Bedeutung einer solchen Aufarbeitung noch lange nicht überall begriffen worden ist. Frankreich weiß inzwischen, dass es die dunklen Kapitel seiner Geschichte – vom Algerienkrieg der 50er-Jahre bis zu den Waffendeals mit Angola in den 90ern – nicht länger verschweigen kann, wenn es seinen internationalen Ruf wahren möchte. In Deutschland wird das alles noch lockerer gesehen. Wo Korruptionsvorwürfe zur Staatsaffäre auszuarten drohen, wie bei Elf eindeutig der Fall, schweigen die Beteiligten lieber und werden dabei von Staatsanwälten und Medien meistens in Ruhe gelassen.

Für Wirbel dürften die Elf-Urteile von Paris allerdings im französischen Hinterhof Afrikas sorgen. Hier war die Durchsetzung politischer Interessen auf dem Wege der geschäftlichen Expansion des Ölkonzerns nicht nur von Schmiergelderzahlungen begleitet, sondern auch von Blutvergießen und Gewaltherrschaft. In Tschad, einem der wichtigsten Stationierungsländer französischer Truppen und zugleich Schauplatz des größten Ölinvestitionsprojekts Afrikas, sichert sich Präsident Idriss Déby in diesen Tagen mit Wahlfälschung seine Macht – und das Ausland schweigt. Der französische Machtmissbrauch hat hier in der Vergangenheit viel Elend angerichtet: Dass solche Machenschaften jetzt mit Gefängnis bestraft werden, dürfte Tschads Demokraten gut tun, deren Führer seit gestern in Débys Kerkern sitzen. DOMINIC JOHNSON