Tschads Regime räumt auf

Alle sechs ehemaligen Gegenkandidaten des Präsidenten Idriss Déby werden festgenommen. Sie bezichtigen Déby der Wahlfälschung. Opposition droht

BERLIN taz ■ Wahrscheinlich nur durch Fälschung hat Tschads Präsident Idriss Déby die Präsidentschaftswahl vom 20. Mai gewonnen. Mit Gewalt und Einschüchterung hält sich seither an der Macht. Alle sechs Gegenkandidaten Débys wurden gestern in Tschads Hauptstadt Ndjamena festgenommen. Als Grund nannte Innenminister Abderrahman Moussa „Anstiftung zur Gewalt“.

Die sechs Politiker sind davon überzeugt, dass nicht Déby die Wahl gewonnen hat, wie die Wahlkommission des Tschad am vergangenen Sonntag erklärte, sondern dass der Oppositionelle Ngarjely Yorongar der Wahlsieger ist.

Yorongar ist der wohl hartnäckigste Gegner des seit 1990 regierenden Déby und vertritt vor allem die Bevölkerung des südwestlichen Tschad, wo ab 2002 Öl gefördert werden soll und der Unmut der Einwohner über die Umstände der Ölförderung groß ist. Alle sechs Gegenkandidaten Débys hatten am Mittwoch vergangener Woche aufgrund von Teilauszählungen Yorongar als Wahlsieger bezeichnet.

Am Montag waren die sechs Politiker schon einmal für einige Stunden festgenommen worden. Dabei war es zu Auseinandersetzungen zwischen Oppositionsanhängern und der Polizei gekommen, an deren Folgen ein Demonstrant später im Krankenhaus starb. Zu dessen für heute geplanter Beerdigung hatten die Oppositionellen zu Großkundgebungen aufgerufen.

Zeitgleich mit den Festnahmen verbot die Regierung „bis auf weiteres“ alle Versammlungen von über 20 Menschen. Nach Angaben aus Oppositionskreisen sind in Yorongars Heimatregion um die südliche Stadt Moungou Verhaftungen seiner Sympathisanten im Gange. Das Haus seiner Familie soll von Truppen umstellt sein. In Ndjamena sind Oppositionsberichten zufolge Truppenverstärkungen eingetroffen.

Dass bei der Wahl vom 20. Mai massiv gefälscht wurde, haben sogar Angehörige der Wahlkommission gegenüber Journalisten in Ndjamena bestätigt. Bei der Erstellung der Wahlregister wurden die Wählerlisten in Débys Hochburgen massiv verlängert, während in Oppositionsregionen viele Namen gestrichen wurden. Am Wahltag konnten manche regierungstreue Wähler mehrfach ihre Stimmen abgeben, während es in anderen Regionen an Wahlzetteln mangelte. Auch bei der Auszählung wurde geschummelt. Noch am vergangenen Freitag hatte die Wahlkommission gesagt, Déby und Yorongar lägen „an der Spitze“, und eine Stichwahl angedeutet. Das veröffentlichte Ergebnis gab dann aber Déby 67 Prozent und Yorongar 14.

Manche Oppositionelle rufen nun zum Widerstand gegen den „Putsch“ auf und verweisen auf das Schicksal von General Robert Guei in der Elfenbeinküste, der im Oktober 2000 seine Wahlniederlage nicht anerkannte und prompt von einem Volksaufstand gestürzt wurde. Da im Tschad, anders als in der Elfenbeinküste, bereits mehrere bewaffnete Gruppen gegen Idriss Déby kämpfen, sind gewaltsame Konfrontationen nicht auszuschließen.

DOMINIC JOHNSON