„Der alte Pfropfen ist weg“

Debüt von Innensenator Scholz bei 50-Jahr-Feier der Bereitschaftspolizei  ■ Von Kai von Appen

Auch wenn es so aussehen könne, es sei so nicht geplant gewesen, beteuert der neue SPD-Innensenator Olaf Scholz, wenn sein erster Amtstag als Innensenator nach den Turbulenzen der vorigen Wochen nun ausgerechnet auf den Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der Landespolizei Hamburg falle. Es gibt allerdings kaum kein besseres Ereignis für einen Newcomer auf dem Chefsessel der Innenbehörde, um auf einem Schlag nahezu der gesamten Spitze des Polizeiapparats gegenüberzustehen – und das Seite an Seite mit Bürgermeister Ortwin Runde, der zur Unterstützung seines erhofften Retters der Inneren Sicherheit verspricht: „Es wird keine Stellenstreichungen bei der Hamburger Polizei zur Haushaltskonsolidierung mehr geben.“ Ein Tabu ist gefallen.

Scholz ist redlich bemüht, wenn er schon das Image des Nobody nicht durch binnen weniger Stunden angeeignetes Fachwissen übertünchen kann, zumindest durch Tatendrang zu beeindrucken. Unmittelbar nach der Bürgerschaftsdebatte über ihn und seinen Vorgänger Wrocklage am Vortag sei er zum Johanniswall geeilt und habe sich als neuer Chef von seinen Abteilungsleitern einweisen lassen, berichtet er. Über Pfingsten hat er für die Führungsriege der Polizei eine Urlaubssperre verhängt, damit er notfalls alle wichtigen PolizeiführerInnen zu Rapport und Diskussionen in die Innenbehörde zitieren kann. „Es herrscht die Meinung, Politiker halten nur schöne Reden. Ich verspreche, dass es zu Taten kommt.“

Neben der Streichung der Streichung von 61 Polizisten-Stellen in diesem Jahr will er auch die Diskussion über Kriminalstatistiken streichen. In den Bereichen Jugendkriminalität sowie Intensivdealern verspricht er neue Konzepte: „Ich kann die Hilflosigkeit der Polizei verstehen, wenn ich am Hauptbahnhof vorbeigehe und dort die Dealer sehe, weil die keine Reaktionen zu befürchten haben.“

Unter den versammelten PolizeiführerInnen herrschten bei Würstchen, Erbsensuppe und Polizei-Show in und vor der Alsterdorfer Polizeikaserne noch immer Irritation, was von dem neuen Mann an der Spitze mit dem Ruf eines SPD-Linken zu halten sei. Von geküns-telten Witzen, Verunsicherung bis hin zur Distanz war alles zu finden. Nur für den Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, maßgeblich am Sturz von Vorgänger Hartmuth Wrocklage beteiligt, scheint die Sache klar – zumindest für einige Tage: „Ein Neuanfang, der alte Pfropfen ist weg.“

Der eigentliche Anlass des Festaktes gerät aufgrund der Scholz-Fotosession vor Wasserwerfern und Helikoptern nahezu in Vergessenheit. Hamburgs Bereitschaftpolizei ist gestern 50 Jahre alt geworden. Die Truppe war einst als militärische Landesarmee in Bereitschaft zur Aufstandsbekämpfung gegründet worden. Inzwischen sind die 800 BeamtInnen in Hamburg in den Polizeidienst integriert und gelten als Reserve und „Joker“ für „größere Einsatzlagen“.