Geld erzwungen

Veranstalter des lesbisch-schwulen Motzstraßenfests fühlen sich vom Bezirksamt unter Druck gesetzt. Sie müssen nun Gebühren zahlen

von ANTJE LANG-LENDORFF

„Wenn wir kein Recht bekommen, müssen wir es uns holen“, dachten die Beamten des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg – und umgingen kurzerhand ein Urteil des Berliner Landgerichts: Ende März hatten die Richter entschieden, dass der Veranstalter des lesbisch-schwulen Stadtfestes in der Motzstraße ein gemeinnütziger Verein sei und für das Fest keine Sondernutzungsgebühren zahlen müsse. Damit wollte sich das um sein Geld gebrachte Bezirksamt nicht zufrieden geben. Es übte auf den Veranstalter, den „Regenbogenfonds“, so viel Druck aus, dass der sich jetzt außergerichtlich darauf einließ, rund 30.000 Mark zu bezahlen. Trotz des Urteils zu seinen Gunsten.

Der Streit hat eine Vorgeschichte. Aus rechtlichen Gründen durfte der ursprüngliche Veranstalter „Mann-O-Meter“ das 1992 ins Leben gerufene Motzstraßenfest nicht weiter organisieren. Vor drei Jahren übernahmen daher die Regenbogenwirte die Veranstaltung, die mit rund 350.000 Besuchern einer der größten Feste der Stadt ist. Den Wechsel habe das Bezirksamt zum Anlass genommen, Sondernutzungsgebühren zu fordern, so ein Beiratsmitglied des Regenbogenfonds. „Dabei sind in jedem Jahr nur ein Viertel der Stände kommerziell“, verteidigt sich der Vorstand des Regenbogenfonds, Theodor van Tulden. So kam es zum Prozess – van Tulden und sein Partner bekamen Recht.

Das Bezirksamt aber gab sich nicht mit dem Landgerichtsurteil zufrieden. Der Baustadtrat Gerhard Lawrentz sprach von einem „lächerlichen Richterspruch“. Er ging in Berufung. Die Regenbogenleute sind ziemlich entsetzt: „Einem erneuten Prozess sind wir nervlich nicht gewachsen“, meinte van Tulden.

Als Schikane sieht er auch eine weitere Idee der Beamten: Sie überlegen, in Zukunft zwischen kommerziellen und gemeinnützigen Teilnehmern zu unterscheiden, wie der Leiter des Rechtsamtes, Volker Claus, bestätigt. „Damit hätten sie uns in den Ruin getrieben“, meint van Tulden. Wenn die kommerziellen Standbetreiber einzeln die Sondernutzungsgebühr beim Amt zahlen müssten, hätte das nicht den Bedingungen entsprochen, die der Regenbogenfonds den Teilnehmern in Verträgen zugesichert hat. „Dann hätten wir die Klagen der Standbetreiber am Hals“, erklärt van Tulden. Deswegen beugten sie sich jetzt doch den Forderungen des Amtes.

Der Regenbogenwirt ist verbittert über das Bezirksamt: „Die Beamten sitzten am längeren Hebel und können so viel Druck ausüben, dass für uns kein Handlungsspielraum besteht“, sagt er. Und fragt: „Was ist denn heute ein Richterspruch noch wert?“

Immerhin ist das Fest für dieses Jahr am 16. und 17. Juni in trockenen Tüchern, da die Regenbogenwirte nach eigenen Angaben einen Sponsor gefunden haben. Was die 30.000 Mark Mehrkosten jedoch in Zukunft für die Teilnehmer bedeuten, ist offen. „Es ist möglich, dass schon 2001 auch gemeinnützige Vereine für Infostände rund 250 Mark zahlen müssen“, schätzt van Tulden.