: Bankgesellschaft: Zeit der Depressionen
Bankenaufsicht legt Prüfbericht vor: Bankgesellschaft fehlen vier Milliarden Mark. Anteilseigner beraten Verkauf
Als „deprimierend“ hat gestern der Berliner SPD-Chef und Bausenator Peter Strieder den Bericht der Bankenaufsicht bezeichnet. Der von der Behörde für die Bankgesellschaft ermittelte Kapitalbedarf von zwei Milliarden Euro (rund 4 Milliarden Mark) habe die Befürchtungen des Landes bestätigt, auch wenn die Summe nicht so hoch ausgefallen seien, wie noch in anderen Spekulationen (rund 8 Milliarden Mark) befürchtet. Dennoch sei es „unerträglich, dass die Sparleistungen der Berliner durch die Manager der Bank zunichte gemacht werden“, sagte Strieder nach dem Treffen mit Jochen Sanio, Präsident des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen, dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Bankenvorstandschef Wolfgang Rupf.
Die Bankenaufsicht hat in drei Sonderprüfungen die desaströsen Bilanzen der Bankgesellschaft Berlin nach deren Verlustmeldungen auseinandergenommen. Das Defizit der zu 56,6 Prozent landeseigenen Bank war hauptsächlich durch riskante Immobiliengeschäfte und Geldgeschenke an CDU-Mitglieder verschuldet worden. Durch den Skandal musste Ex-CDU-Fraktionschef Landowsky seinen Hut als Bankenvorstand nehmen. Der Senat will mit einer zusätzlichen Kreditaufnahme von etwa sechs Milliarden Mark 2001 der Bank neues Kapital zur Verfügung stellen.
Als zusätzlichen „Wertberichtigungsbedarf“ für den Konzern ermittelten die Prüfer 269 Millionen Euro. Als weiteres Ergebnis der Sonderprüfung wird bei der Bankgesellschaft die Risikovorsorge um 52 Millionen Euro auf 168 Millionen Euro aufgestockt. Bei der Landesbank steigt diese auf 179 Millionen Euro und bei der Bankengesellschaft-Tochter Berlin Hyp um 108 Millionen auf 255 Millionen Euro. Wie Sanio berichtete, wurden bei der Bankgesellschaft Berlin zehn Engagements genauer unter die Lupe genommen und bei der Berlin Hyp fünfzehn. Diese hatte etwa durch einen Kredit an die Aubis-Immobiliengesellschaft in Höhe von 600 Millionen Mark wesentlich zur Deckungslücke bei der Bank beigetragen.
Als Konsequenz des Berichts wollen sich heute die Anteilseigner der Bank, darunter Berlin und die NordLB, auf einer Aufsichtsratssitzung beraten. Das Land beabsichtige, so Diepgen, sich von Teilen der Bank zu trennen. Zugleich forderte er Schadensersatzansprüche gegenüber den Wirtschaftsprüfergesellschaften, die durch ihre Testate Aufsichtsratsmitglieder „ins Messer laufen ließen“.
Während die Fraktion der Grünen im Bundestag oder Länder wie Baden-Württemberg jegliche Hilfe vom Bund für Berlin ablehnen, sprach sich der Haushaltsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann, für mehr Finanzmittel des Bundes für das Land aus. Angesichts der Bankenpleite und des geringen Steueraufkommens Berlins im Vergleich zu anderen Großstädten müsse der Hauptstadt finanziell unter die Arme gegriffen werden.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
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