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: Madrids Olympiabewerbung saniert Real

Gewaltschuss in die Zukunft

Zinedine Zidane (Juventus Turin) ist der absolute Wunschspieler von Real Madrid, Geld für die Verpflichtung des Franzosen hat der hochverschuldetste Klub Europas plötzlich in Hülle und Fülle. Präsident Florentino Pérez kann sich dank der Einnahmen aus der Champions League, wo Real das Halbfinale erreichte, sogar die Ankündigung leisten, dass man den Geldsegen aus dem jüngsten Finanzcoup des Klubs für Zidane nicht mal antasten wolle.

Es war ein Doppelsieg, den Pérez am vergangenen Wochenende gelandet hatte. Erst feierten 300.000 Fans euphorisch den vorzeitigen Meisterschaftsgewinn in der Madrider Innenstadt, dann stimmten 94 Prozent einer Wahlmännerversammlung des Vereins für den wirtschaftlichen Volltreffer, mit dem Bauunternehmer Pérez die Weißen in die schwarzen Zahlen manövrieren will. Das Trainingsgelände im Norden der Hauptstadt, direkt am größten Boulevard, der Avenida de la Castellana, soll für umgerechnet 705 Millionen Mark an die Stadt Madrid übergehen. Das sind 200 Millionen Mark mehr als der Betrag, mit dem Real Madrid bei den Banken in der Kreide steht.

„Eine historische Entscheidung, die den Mythos von Real Madrid nur noch wachsen lässt“, schwärmt Präsident Pérez. Er möchte vor den Toren der spanischen Hauptstadt ein neues Trainingsgelände anlegen lassen. Zehnmal so groß, viel moderner und vor allem auf wesentlich billigerem Grund und Boden. Bis 2003 soll die neue Ciudad Deportiva fertig sein.

Kritik an der spekulativen Operation lässt Pérez nicht gelten. Und schon gar nicht wenn sie vom Erzrivalen FC Barcelona kommt. „Pelotazo“ – Gewaltschuss – beschweren sich die Rot-Blauen aus Katalonien. Der aus dem Fußballjargon entliehene Finanzbegriff kommt in Spanien immer dann zur Anwendung, wenn gute Beziehungen und raffinierte Finanzoperationen zu ungeahntem Reichtum führen. „Wenn die Katalanen davon reden, dass das Geschäft mit der Ciudad Deportiva ein pelotazo ist? Dann können die Madridisten der Operation doch nur zustimmen“, hatte Pérez am Tag vor der Abstimmung für den Verkauf geworben.

Jetzt muss nur noch der Stadtrat zustimmen. Doch das ist reine Formsache. Die konservative Stadtverwaltung hat bereits vor Monaten ihr Interesse an den 1,2 Millionen Quadratmetern bekundet und einen Vorvertrag unterzeichnet. Außerdem wurde das Gelände der Ciudad Deportiva im Bebauungsplan neu eingestuft. Statt um ein „Sportgelände“ handelt es sich jetzt um „bebaubares Gelände“. Erst das machte die Wertsteigerung möglich.

Vier Bürotürme, eine Mehrzwecksporthalle und eine Tiefgarage mit mehr als 6.700 Stellplätzen sollen hier entstehen. Auch dabei geht Real Madrid nicht leer aus. Zwei der neuen Türme wird der Fußballverein bauen, um die Räume dann zu vermieten oder zu verkaufen. An einem dritten ist er zu 60 Prozent beteiligt. Die Einnahmen aus diesem Immobiliengeschäft sollen die Kosten der Errichtung des neuen Trainingsgeländes und des Umzugs decken.

So viel Hilfe für einen Verein stört nicht nur den Rivalen aus Barcelona, sondern auch die kommunale Opposition. Die Sozialisten im Stadtrat können nicht verstehen, warum das Gelände erst zu Baugelände deklariert und dann gekauft wurde. Bürgermeister Alvárez de Manzano lässt diese Kritik freilich kalt. Schließlich gehört der Bebauungsplan gleich zu zweien seiner Prestigeobjekte. Die Büroräume sind ein Teil der Norderweiterung der Stadt. Und die Mehrzweckhalle soll eines der Prunkstücke der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 werden. Dass Madrid, was das Angebot an sportlichen Einrichtungen betrifft, olympischen Anforderungen kaum gerecht wird, und die Millionen, die Real Madrid einstrich, besser für den Breitensport ausgegeben worden wären, darüber sieht die Stadtverwaltung gelassen hinweg.

Ebenso wenig stört den Bürgermeister die Tatsache, dass die 18.000 Menschen, die einmal in den vier Bürotürmen arbeiten werden, den Verkehr im Norden der Stadt endgültig zum Kollabieren bringen dürften. Schließlich stimmt die Werbestrategie: Real Madrid hat sich verpflichtet, auf den Trikots das Logo für Olympia 2012 in Madrid zu tragen.

Ob auch Zidane, ist ungewiss. „Meine Priorität ist, in Spanien zu spielen“, erklärte der auch von Manchester United umworbene Franzose jetzt dem englischen Sender Sky Sports. Einziges Problem: Juventus Turin, wo er noch bis 2005 unter Vertrag steht, will ihn nicht hergeben.

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