Allianz will Tempo, Tempo, Tempo

Bei der Übernahme der Dresdner Bank kann es dem Versicherungsriesen nicht schnell genug gehen. Zweifel am Konzept des Allfinanzkonzerns sollen sich nicht durchsetzen. Und immerhin präsentiert Allianz-Chef Schulte-Noelle Milliardeneinsparungen

von BEATE WILLMS

Henning Schulte-Noelle ist nicht gerade für überschäumende Kreativität bekannt. Aber als der Allianz-Vorstandschef gestern in München erklärte, er wolle die Übernahme der Dresdner Bank mit „speed, speed, speed“ durchziehen, zuckte doch so mancher Zuhörer zusammen: Wollte der 58-Jährige sich ausgerechnet die Fusion von DaimlerChrysler zum Vorbild nehmen, die sein Kollege Jürgen Schrempp vor drei Jahren unter das gleiche Motto gestellt hatte – und die diesem nicht nur Gewinneinbrüche sondern auch den Verlust eines Gutteils seiner eigenen Reputation eingebracht hatte?

Die Antwort blieb Schulte-Noelle schuldig. Deutlich wurde aber, dass er unter Druck steht. Der ersten Euphorie folgten Zweifel, ob ein Allfinanzkonzern tatsächlich die beste Konstruktion ist. „Warum eine Kuh kaufen, wenn ich bloß die Milch brauche?“, fragte Hans-Jürgen Schinzeler, Chef der Münchner Rück neulich, dem die Beteiligung an der HypoVereinsbank angeblich „völlig ausreicht“.

Entsprechend ehrgeizig zeigt sich Schulte-Noelle nun. Drei bis fünf Jahre Zeit gibt er sich, um „alle Strukturen voll zu implementieren“. Erste Kosteneinsparungen in Höhe von 290 Millionen Euro sollen aber bereits im ersten vollen gemeinsamen Jahr 2002 zum Tragen kommen, unter anderem durch den Abbau von rund 600 Arbeitsplätzen, die er durch „Wachstumsschübe“ mittelfristig aber mehr als wett gemacht sieht. Bis zum Jahr 2005 sollen sie sich auf 2,24 Milliarden Euro summieren und danach vor allem Dank der Rentenreform mit jährlich 1,08 Milliarden Euro zu Buche schlagen: So wird sich das Lebensversicherungsgeschäft über die Dresdner Bank laut Schulte-Noelle von 400 Millionen bis 2006 auf 1,4 Milliarden Euro mehr als verdreifachen, aber auch normale Sachversicherungen sollen über die Bankschalter ab 2006 rund 175 Millionen Euro einbringen. Das liegt über den Erwartungen von Analysten, die Synergieeffekte von 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr geschätzt hatten. Die mehr als 20 Millionen gemeinsamen Kunden dürften sich in erster Linie für das neue Angebot interessieren. Und hier ist unklar, mit welcher Begeisterung sich die Dresdner Bank wieder den wenig profitablen Kleinkunden zuwenden wird, die sie gerade noch loszuwerden trachtete, indem sie ihre Filialstärke von 1.100 auf 850 stutzt. Aber: der typische Allianz-Kunde ist nun mal der „ländliche Sachversicherungskäufer“.

Um die neuen Strukturen optimal zu nutzen, will die Allianz rund 1.000 Experten an die Schalter entsenden, die die Bankleute im Verkauf von einfachen Versicherungen schulen und selbst „Komplexeres, wie fondsgebundene Lebensversicherungen“ verkaufen sollen, das erste „Riester-Renten-Angebot“ soll im Juli stehen. Umgekehrt sollen 300 Anlage- und Wertpapierberater die Allianz-Vertreter in den Agenturen beim Anbieten von Bankprodukten unterstützen.

Eine Kleinigkeit ist aber vorher noch zu klären: Die Aktionäre der Dresdner Bank müssen das Übernahmeangebot der Allianz akzeptieren. Für zehn Aktien der Bank bietet die Allianz eine eigene Aktie sowie 200 Euro Bargeld. Bei den Kursen von gestern Nachmittag würden sie dabei mit einem Plus von 9 oder 10 Euro davon kommen. Dresdner-Bank-Chef Bernd Fahrholz empfahl, das „angemessene und faire“ Angebot anzunehmen.