Schlaue Arbeitslose

Job-Aqtiv-Gesetz für eine neue Arbeitsmarktpolitik: schnellere Vermittlung, mehr Ausbildung, mehr Verantwortung der Arbeitslosen

BERLIN taz ■ Aqtiv. So stellt Arbeitsminister Walter Riester (SPD) sich den Arbeitslosen der Zukunft vor. „q“ steht nicht für eine ferne Erinnerung an das angeblich bequeme Leben der Arbeitslosen, „q“ steht für Qualifikation – selbstverständlich. Das Schlagwort vom „Fördern und Fordern“ hat eine rot-grüne Arbeitsgruppe nun in Vorschlägen für ein „Job-Aqtiv-Gesetz“ präzisiert, die Riester gestern vorstellte. Kernpunkt ist die Reform des Sozialgesetzbuches III (SGB III), das die Arbeitsmarktpolitik regelt.

Künftig sollen Arbeitsvermittler und Arbeitslose eine „Eingliederungsvereinbarung“ treffen. Diese legt fest, welche Qualifikationen der Arbeitslose erwerben muss, auf welche Stellen er sich bewerben soll und wie das Arbeitsamt ihn dabei unterstützt. Kommt der Arbeitslose der Vereinbarung nicht nach, wird relativ rasch die 12-wöchige Sperrzeit für das Arbeitslosengeld verhängt.

Riester setzt Schwerpunkte auf die schnelle, passgenaue Vermittlung, die Prävention von Arbeitslosigkeit und die bessere Qualifizierung von Arbeitslosen, die mit ihrem bisherigen Profil nur geringe Chancen hätten. „Aktiv statt reaktiv“ soll die Arbeitsmarktpolitik werden: Firmen sollen sich bereits dann beim Arbeitsamt melden, wenn sie planen, Arbeitsplätze abzubauen. Dann könnten Arbeitsvermittler noch in der Firma Lehrgänge oder neue Stellen vermitteln. Auch sollen Unternehmen mehr Zuschüsse bekommen, wenn sie Arbeitnehmer zu Fortbildungen schicken. Denn dann sind diese später besser vermittelbar. Komprimiert ist diese Idee in der so genannten Job-Rotation: Ein Mitarbeiter wird zur Qualifikation geschickt, und ein Arbeitsloser besetzt derweil seinen Platz. Auch dies soll im SGB III verankert werden. Um Menschen solange wie möglich im ersten Arbeitsmarkt zu halten, soll in Zukunft auch bei kleineren Betrieben die staatlich subventionierte Kurzarbeit möglich sein. Bislang war dies auf Betriebe mit mindestens 21 ArbeitnehmerInnen beschränkt. Um Beschäftigte in ABM-Maßnahmen ebenfalls schneller in den ersten Arbeitsmarkt zurückzubefördern, sollen in Zukunft mindestens 20 Prozent der ABM-Zeit mit Qualifizierung verbracht werden. Bevor man von einem ABM-Programm ins nächste hüpft, muss man sich künftig drei Jahre gedulden – eine Verschlechterung für diejenigen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Job mehr finden. Finanzieren sollen sich diese Maßnahmen selbst: Riester erwartet, dass die effektivere Vermittlung Geld für die intensivere Betreuung der Arbeitslosen frei werden lässt. HEIDE OESTREICH