Scheinlösung Rapsöl

Beim bevorstehenden Boom der Bioenergie sollte Pflanzenöl keine große Rolle spielen, meint das Umweltbundesamt. Ob Biodiesel allerdings tatsächlich besser ist als Rapsöl, ist noch ungewiss

Der Treibstoff aus dem Supermarkt gilt als besonders umweltfreundlich – doch er ist es nicht. Unbehandeltes Rapsöl, was nichts anderes ist als Speiseöl, bringe gegenüber dem Diesel unter Umweltgesichtspunkten „keine entscheidenden Vorteile“, heißt es in einer Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA). Gleiches gilt auch für den chemisch veränderten Rapsölmethylester (RME).

Damit wird deutlich: Der Boom der energetischen Nutzung von Biomasse, der im Moment am Anfang steht, sollte aus ökologischen Gründen von anderen biogenen Stoffen getragen werden – und zwar von Holz, von festen nachwachsenden Rohstoffen und von organischen Reststoffen. Zumal das Umweltbundesamt auch aus ökonomischen Gründen nichts hält von einer CO2-Reduktion durch Rapsöleinsatz – schließlich sei dieser „eine besonders unwirtschaftliche Maßnahme“.

Welche Variante die bessere ist – ob Rapsöl oder RME –, lässt sich nicht eindeutig sagen. „Das hängt stark vom Glyzerinmarkt ab“, sagt Matthias Tappe vom UBA. Denn wenn Rapsöl zu RME umgewandelt (umgeestert) wird, bleibt Glyzerin als Reststoff. Könne man mit diesem anderes Glyzerin, das unter hohem Energieeinsatz erzeugt wird, ersetzen, so Tappe, sei die RME-Herstellung energetisch dem unbehandelten Rapsöl überlegen. Kann man das Glyzerin hingegen nicht sinnvoll nutzen, bleibt ein energetischer Nachteil für RME.

In Bezug auf die Abgasemissionen sind Rapsöl und RME gegenüber Dieseltreibstoff nicht von Vorteil. Das UBA kommt gar zu dem Fazit: „Bei der Verwendung von Rapsöl steigen die Emissionen von Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid gegenüber der Verwendung von Dieselkraftstoff an.“ Bei RME stünden „Minderungen bei den Gesamtkohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid den Emissionserhöhungen bei den Aldehyden gegenüber.“

Somit bliebe als einziges Argument für Rapsöl und RME die Vermeidung von Kohlendioxid. Das geschieht zweifellos, da es sich bei den biogenen Treibstoffen um nachwachsende Rohstoffe handelt und somit das Kohlendioxid zuvor von der Pflanze aus der Atmosphäre gebunden wurde. Doch faktisch reduziert sich der Vorteil nach UBA-Daten auf 30 bis 80 Prozent. Schließlich muss das Öl verarbeitet werden, was nicht unerhebliche Mengen von Energie erfordert, die man korrekterweise mit in die Berechnungen einbeziehen muss. Diese Prozessenergie ist bei anderer Biomasse geringer. Bei Holz werden nur wenige Prozent der Nutzenergie für die Verarbeitung benötigt.

So sehen die UBA-Experten, die sich auch auf ein Gutachten des Heidelberger ifeu-Instituts stützen, mit Rapsöl am Ende nur ein Einsparpotenzial von maximal 0,22 Prozent der in Deutschland emittierten Treibhausgase. Diese Zahl ergibt sich, wenn man die in Deutschland maximal gewinnbare Menge an Rapsöl von 850.000 Tonnen pro Jahr in Relation zum gesamten Mineralölmarkt setzt: Man könnte beim heutigen Verbrauch in Deutschland nur 0,64 Prozent des Mineralöls ersetzen.

Das ist zweifellos besser als gar nichts. Doch hier kommt nun eine ökonomische Studie ins Spiel, die im Auftrag des UBA von der Ruhr-Universität in Bochum erstellt wurde: Kohlendioxid lässt sich danach in vielen anderen Bereichen deutlich wirtschaftlicher einsparen. Bei Rapsöl und RME komme man auf 280 bis 600 Mark, die für jede eingesparte Tonne Kohlendioxid an Subventionen aufgebracht werden müssten, haben die Ökonomen errechnet. Hingegen erziele man mit einer Umstellung von Öl- auf Gasheizung die Einsparung einer Tonne Kohlendioxid bereits für 100 bis 250 Mark. Und auch mit der Förderung von Wind, Wasserkraft, Restholz und Stroh könne man Geld weitaus effizienter für den Klimaschutz investieren als durch Unterstützung von Rapsöl und RME. Am effizientesten, so die Bochumer Wirtschaftswissenschaftler, lasse sich das Geld aber in Energiesparprojekte investieren. „Beispielhaft“ wären „Maßnahmen an der Gebäudehülle“, heißt es in den Untersuchungen. Im Klartext: Pragmatisch gedacht, sollte man lieber die Wärmedämmung fördern als den Biodiesel: Man bekommt einfach mehr fürs Geld. BERNWARD JANZING