Schwarz-grünes Tête-à-tête

Seit der Kommunalwahl in Frankfurt am Main diskutieren die Parteien über politische Konstellationen. Die rot-grüne Basis wehrt sich gegen eine Koalition mit der CDU

FRANKFURT/M. taz ■ Es ist eng geworden im Römer. Ein winziger Raum im dritten Stock des Frankfurter Rathauses, Kartons stapeln sich. Die vier frisch gebackenen Stadtverordneten müssen sich 15 Quadratmeter rund um den kleinen Schreibtisch teilen. Die Union hat das Büro für die FlughafenAusbauGegner (FAG) geräumt. Deren Fraktionschef Horst Schäfer findet das „sehr nobel“.

Bei der Kommunalwahl im März, die der Mainmetropole zehn Parteien im Stadtparlament bescherte, erreichte die FAG aus dem Stand 3,9 Prozent. Seither stehen die Telefone nicht mehr still. Alle vier Abgeordneten sind selbst Betroffene des Fluglärms, leben im Süden der Stadt, über den die Flugzeuge im Minutentakt donnern. Und sie sind ein Stachel im Fleisch der Frankfurter Grünen.

Die Zahlenakrobatik im Römer ist kompliziert. Die CDU ist die stärkste Partei. Für deren Wunschkonstellation Schwarz-Gelb reicht es aber ebenso wenig wie für Rot-Grün. Geschickt brachte die Union gleich nach der Wahl Unruhe in alle Fraktionen, als Parteichef Udo Corts in Richtung SPD drohte, er schließe Schwarz-Grün nicht aus.

Die SPD hatte das schwarz-rote Kooperationsbündnis vor einem Jahr auf Druck der Basis wegen der Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU aufgekündigt. Die Grünen, seit Jahren gebeutelt von Intrigen ihres sozialdemokratischen Expartners, nutzten die verlockende Chance, endlich einmal ihrerseits die SPD quälen zu können, und entdeckten neue „Schnittmengen“ mit der CDU, vor allem im sozialen und kulturellen Bereich. Doch es gibt die großen Unvereinbarkeiten bei Flughafenausbau, Verkehrs- und Ausländerpolitik. Die CDU kokettierte munter mit der schwarzen Ampel, der „Schwampel“, mit Grün plus FDP. Verhandelt wurde seither hinter verschlossenen Türen.

Die Grünen gerieten in Zugzwang, die Basis war sauer, Ortsbeiräte protestierten, Kreisverband und Fraktion stritten. Aus dem fernen Berlin warnte der Frankfurter Joschka Fischer vor dem schwarz-grünen Gespenst. Die kleine FAG spielt ihre Karten derweil gekonnt. Sie bot sich allen Parteien als Partnerin an: entweder in einem Bündnis mit Rot-Grün oder aber mit Schwarz-Grün als Ersatz für die FDP. Parallel kritisierte sie die Grünen, warf ihnen halbherzige Ablehnung des Flughafenausbaus vor, besetzte neben ihrem Ein-Punkt-Programm auch andere, klassische Positionen und füllte Säle der verärgerten Ex-Grün-Wähler. Man verstehe sich, sagt Horst Schäfer, eigentlich „sehr gut“ mit der Ökopartei. Aber mit der CDU, streckenweise jedenfalls, „eben auch“.

Ein Bündnis von SPD, Grünen und FAG käme auch der widerborstigen Basis von Rot-Grün entgegen, die bisher hartnäckig ein Zusammengehen mit der CDU ablehnte. Der Wähler wolle eben eine „Allianz der Vernunft“, predigte die grüne Schuldezernentin Jutta Ebeling seit Wochen, die sich an Inhalten orientiere. Sie plädierte für verbindliche Vereinbarungen in wichtigen „Eckpunkten“ und Personalfragen mit der CDU und ansonsten wechselnde Mehrheiten bei Sachfragen. Die FAG warf den Grünen vor, dabei ihre potenziellen Bündnispartner links von der Mitte zu vernachlässigen. Während die CDU die Tanzkärtchen im Römer immer wieder neu mischte, ließ die SPD Mitte Mai einen Verzweiflungsschrei hören. Sie hielt Schwarz-Rot-Grün plötzlich für denkbar, um den „politischen Stillstand“ in der Stadt zu überwinden. Eine Volte, die die Grünen – ebenso unerwartet – mit vollzogen und gegen die sich nun die CDU sperrte.

Die FAG deutet die Signale der letzten Woche allerdings anders. Zwischen den drei Parteien sei „vermutlich längst alles ausgehandelt“, aber nach außen müsse das Gesicht gewahrt werden. Dann hätte nicht nur die FAG, sondern auch die FDP das Nachsehen. Mit einem Ergebnis wird in der kommenden Woche gerechnet. HEIDE PLATEN