Finanz-Attacke aufs Sielwallhaus

■ Der Treffpunkt der linken Szene soll ab 2005 keine Fördermittel mehr kriegen. Jetzt wird die Miete erhöht

„Das Sielwallhaus soll platt gemacht werden“, befürchtet die Jugendinitiative Sielwallhaus e.V. Ab heute stellen sich die Sielwallhäusler mit einer Aktionswoche auf die Füße und protestieren gegen Miet-erhöhung und Mittelkürzungen. Anlass für den per Flugblatt unters Viertel-Volk gebrachten Aufschrei „Sielwallhaus bleibt“ ist die Schreckensbotschaft eines Vertreters der Jugendbehörde, dass die Miete des „Vereinshauses“ von 420 Mark monatlich verdoppelt werde. Die Sielwallhäusler fürchten aber, dass das nur ein Anfang sei: Denn eigentlich sollen sie für 200 Quadratmeter Nutzfläche den Marktwert von circa 3.000 Mark bezahlen, sagt Rolf Hundack, ein Sprecher der Initiative.

Um ein finanzielles Überleben zu sichern, müsste die Jugendbehörde ihren Zuschuss für die Mietkosten erhöhen. Allerdings sind immer noch nicht deren Pläne vom Tisch, dem Sielwallhaus ab 2005 mit dem Anpassungskonzept den Geldhahn ganz zuzudrehen. Zur Zeit sind es noch 21.000 Mark „Jugendclubzuschuss“, die zur Hälfte für Miete und Betriebskosten wie Reinigung und Telefon drauf gehen. Mit der anderen Hälfte werden das Haus in Schuss gehalten und die Werkstätten aufgerüstet.

„Das Sielwallhaus ist anders“, heißt es im Flugblatt. „SozialpädagogInnen, ErzieherInnen und sonstige hauptamtliche FürsorgerInnen? Wir brauchen sie nicht!“ Neue Gruppen, die Küche, Druck- oder Fotowerkstatt oder einfach Räume nutzen wollen, müssen einen Antrag an den Hausrat stellen, erklärt Sprecher Hundack. „Rassistische, sexistische und homophobe Sprüche werden nicht geduldet.“

„Es kommen immer wieder neue Leute, die meistens zwei bis drei Jahre bleiben“, sagt Hundack. Manche wollen trommeln, andere feiern oder diskutieren. Gemeinsam ist den NutzerInnen, dass sie zu Bremens linker autonomer Szene gehören. Wegen seiner politischen Arbeit sei das Haus laut Flugblatt „konservativen sowie rechtssozialdemokratischen PolitikerInnen und auch manchen BehördenvertreterInnen ein Dorn im Auge.“ Deshalb werten die Sielwallhäusler die Androhungen von Schließung und Mieterhöhung als jüngsten Versuch, den „Sielwallhaus-Sumpf“ trocken zu legen. Hundack gibt die Sorge vieler Jugendlicher wieder, dass der neue Innensenator Kuno Böse wieder härtere Saiten aufziehen wird.

„Verunsicherung gibt es zur Zeit bei allen freien Trägern im Kinder- und Jugendbereich“, sagt Hundack. Schuld sind die als „Anpassungskonzept“ bekannt gewordenen Pläne der Sozial- und Jugendsenatorin Hilde Adolf, bis 2005 die Fördermittel für Jugendeinrichtungen um 25 Prozent zu kürzen. Im Viertel bleibt nach diesem Konzept für das Sielwallhaus, das Kinderhaus „Cadesi“ in der Stader Straße und die Handwerks- und Ausbildungskooperative in der Weberstraße nichts übrig.

Nach massiven Protesten gegen den Kahlschlag in den Jugendeinrichtungen hatte Senatorin Adolf die Mittel für die nächsten beiden Jahre gesichert.

Ihre Sprecherin Heidrun Ide versichert, dass damit alles wieder offen sei. Konkret auf die Sielwallhäusler bezogen sagt sie: „Der Wille, denen zu helfen, ist da“. Das zeigten die Gesprächsangebote von Behördenseite, um gemeinsam Lösungen zu finden.

Zu höheren Zuschüssen wegen der Mieterhöhungen will sie nichts sagen und verweist auf die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschuss im Juni, der weiter über die Kürzungen beraten wird. „Niemand nennt uns genaue Zahlen“, kritisiert der Sielwallhaus-Sprecher Hundack. Auch bei der Vermieterin, der Bremischen, konnte niemand Auskünfte über die Mieterhöhung geben.

Eiken Bruhn