„Bonbons auf der Toilette“

Berlin Thunder scheint auf dem Weg ins Endspiel, aber Manager Michael Lang denkt schon über die kommenden Jahre nach und will mit seinem Football-Team bald ins Olympiastadion umziehen

Interview: THOMAS WINKLER

taz: Herr Lang, wie lange dauerte am Samstag die Siegesfeier in Axel Kruse's Sportsbar?

Michael Lang: Ich bin um halb drei gegangen.

Da war die Mannschaft noch am Feiern?

Die meisten waren da schon zu Hause. Nach dem Spiel bist du so bis zwölf, eins aufgedreht, aber dann auch ziemlich kaputt.

Das Team hat es jetzt selbst in der Hand, das Endspiel zu erreichen. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Ich glaube, der World Bowl ist noch nicht Thema. Das ist gefährlich. Wir haben jetzt ein sehr schweres Spiel gegen Rhein Fire. Die haben ihre 34.000 Zuschauer dieses Jahr in Düsseldorf, das gibt richtig viel Lärm, und die werden vor heimischem Publikum ihre letzte Chance nutzen wollen.

Die NFL Europe ist dieses Jahr sehr ausgeglichen, nur die Barcelona Dragons scheinen eine Klasse besser zu sein. Wie kann es bei vollkommen neu zusammengewürfelten Teams passieren, dass eine Mannschaft so überlegen ist?

Damit konnte keiner rechnen. Der Trainer der Dragons, Jack Bicknell, wollte noch im Trainingslager zum Beispiel Mike Green aussortieren, und jetzt ist der der überragende Running Back der Liga. Das ganze Team war im Trainingscamp eine Katastrophe, aber die haben es geschafft, das umzudrehen.

Am Samstag hatten Sie Pech mit dem Wetter, aber trotzdem: Thunder gewinnt, und die Zuschauerzahlen wollen nicht steigen. Was läuft falsch?

Das mit den Zuschauerzahlen sehe ich nicht so. Man darf nicht erwarten, dass da mehr kommen, nachdem wir in den ersten beiden Jahren jeweils Letzter in der Liga waren. Gut, wir haben jetzt drei Heimspiele hintereinander gewonnen, aber man muss den Berlinern erst mal zeigen, dass man guten Football spielt.

In Frankfurt kommen trotz nur einem Sieg in diesem Jahr mehr als 40.000 pro Heimspiel.

Meines Erachtens nach ist Frankfurt ein Dorf. Alles, was da ein bisschen bunt angemalt ist und rappelt und zischt, da gehen die Leute hin. Neben der Eintracht, einem Eishockey- und einem Basketball-Team hast du in der Stadt nichts. In unserer Stadt hast du Hertha, Alba, Eisbären, Capitals und noch 180 Erstliga- und Zweitliga-Teams.

Gibt es Überlegungen, das Konzept zu ändern?

Ja, ich würde noch mehr auf Entertainment setzen. Vielleicht noch eher ein Konzert aus der Veranstaltung machen. Wir hatten mit Melanie Thornton, mit Dario G, mit Right Said Fred eigentlich sehr gute Bands, die aber bisher nur ein Lied in der Halbzeit oder vor dem Match gespielt haben. Ich würde die Bands vielleicht auch nach dem Spiel noch für fünf, sechs Lieder da behalten. Man kann auch den Service im Stadion noch verbessern, und wenn es so Kleinigkeiten sind wie Pfefferminzbonbons auf der Toilette. Und schließlich muss man darüber nachdenken, ob man ins Olympiastadion umzieht.

Mit 10.000 Zuschauern im Olympiastadion wird das Event aber schnell zum Trauerspiel.

Das glaube ich nicht. Mit 20.000 Zuschauern könnte man da schon Stimmung reinkriegen. Wir würden die Gegentribüne nicht aufmachen und alles auf die Haupttribüne konzentrieren.

Und wo sollen die 20.000 plötzlich herkommen?

Wir machen sehr viele Promotions in Charlottenburg, Steglitz und Wilmersdorf. Bei diesen Werbeveranstaltungen haben wir festgestellt, dass die Leute sehr gerne kommen würden, aber, so blöd das ist, die haben keinen Bock, in den Osten zu fahren. Hauptgrund sind fehlende Parkplätze beim Jahn-Stadion.

Soll der Umzug bereits nächste Saison stattfinden?

Nein, 2002 ist das wohl nicht möglich, weil die Fußballsaison aufgrund der WM nächsten Sommer kürzer ist und dann der Rasen im Olympiastadion schon früher rausgenommen wird.

Könnte es sein, dass das Team in eine andere Stadt verlegt wird?

Nein. Am Samstag war Jim Connelly, der Präsident der NFL Europe, in Berlin und wurde darauf auch angesprochen, aber er hat gesagt, dass dieser Standort eher noch gestärkt werden soll.

Sollten nach drei Jahren nicht die Standorte überprüft werden?

Ich denke, dass dieser Standort jedes Jahr sehr gründlich überprüft wird, aber dass wir mittlerweile großes Vertrauen genießen, gerade im Bereich Marketing. Wir haben einen neuen Sponsor für die ganze Liga gewonnen und dadurch Geld akquiriert, das von Berlin aus in alle sechs Teams fließt. Und was Sponsoren-Einkommen angeht, sind wir eh die Nummer zwei in der Liga. Was wir weniger an Eintritt einnehmen, wird ganz gut durch Sponsoren kompensiert.