Fischer pendelt für Frieden

Nach dem Terroranschlag auf eine Tel Aviver Diskothek verzichtet Israel auf einen Gegenschlag. Palästinenserchef Jassir Arafat verkündet auf Druck des deutschen Außenministers Feuerpause

JERUSALEM taz ■ Drei Tage nach dem Attentat auf eine Tel Aviver Diskothek übt Israel weiter Zurückhaltung. Die Militärs verhängten zwar eine totale Reisesperre über das Westjordanland und den Gaza-Streifen, sahen jedoch von schweren Angriffen ab. Die von Palästinenserpräsident Jassir Arafat angekündigte Feuerpause zeitigte erste Erfolge. Vor allem die Zahl der Schussübergriffe auf jüdische Siedler ist drastisch zurückgegangen, was Israel als Beweis dafür betrachtet, dass Arafat die Lage kontrolliert. In Gaza kam es gestern zu Feuergefechten mit Verletzten, nachdem israelische Panzer kurz in das Autonomiegebiet eingedrungen waren. Bei einem Übergriff jüdischer Siedler auf palästinensische Bauern wurden zwei Brüder erschossen.

Bei Außenminister Peres setzte sich der Eindruck durch, dass Arafat seine Versprechen diesmal wahr machen könnte. Der Palästinenserpräsident war am Wochenende zusammen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer vor die Presse getreten, um das Attentat zu verurteilen. Zugleich versprach er größte Anstrengungen, das Blutvergießen zu beenden. Fischer hat auf Wunsch der Israelis seinen Besuch um einen Tag verlängert, um seine Pendeldiplomatie zwischen Palästinensern und Israelis fortzusetzen. „Ich habe mir diese Rolle weiß Gott nicht ausgesucht“, meinte Fischer.

Am gestrigen Montagmorgen starb das 20. Todesopfer des Attentates an der Tel Aviver Diskothek. Der 22-jährige Selbstmordattentäter hatte sich unter eine Gruppe von Jugendlichen gemischt, die auf Einlass in das Tanzlokal unmittelbar am Strand warteten. Die meisten Opfer des Anschlags, zu dem sich die Hamas bekannte, sind zwischen 14 und 18 Jahre alt. Die Explosion ereignete sich kurz vor Mitternacht. Zu diesem Zeitpunkt waren hunderte Menschen am Strand unterwegs. „Ich muss an meine eigenen Kinder denken“, sagte Fischer. Stunden vor dem Attentat war er an dem Unglücksort vorbeigekommen.

Fischer hat den Palästinenserpräsidenten nicht nur klar zu der Stellungnahme gedrängt, sondern auch bei der Formulierung nachgeholfen. Selten zuvor wurden so deutliche Vermittlungsversuche von europäischer Seite unternommen. Die US-Botschaft in Tel Aviv begrüßte die Anstrengungen. „Die USA und die Bundesrepublik befinden sich in engen Beratungen zu Nahostfragen“, erklärte Larry Schwarz, Sprecher der Botschaft.

Israel fordert indes mehr als nur Erklärungen. Die Hetze in den palästinensischen Medien müsse ein Ende haben. Außerdem übermittelte der Geheimdienst eine Liste mit Namen islamischer Fundamentalisten, die an Terrorakten beteiligt waren und deren Verhaftung erwartet wird. In den nächsten Tagen sollen mit CIA-Unterstützung erneute Treffen der Sicherheitsdienste beider Seiten stattfinden. Nach Ansicht von Fischer stehen die Chancen nicht sehr gut, aber die Alternative wäre eine Katastrophe. SUSANNE KNAUL

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