UNO: DIE REICHEN STAATEN VERWEIGERN SICH HUMANITÄREN AUFGABEN
: Hilflose Helfer

Erinnern Sie sich noch an die sieben großen UNO-Weltkonferenzen der Neunzigerjahre? Umwelt und Entwicklung, Menschenrechte, Bevölkerung, Frauen, Wohnen und Stadtenwicklung, Soziales und Ernährung – so lauteten die Themen, zu denen zwischen 1992 und 1996 Vertreter aus jeweils gut 90 Prozent der 189 UNO-Staaten in Rio de Janeiro, Peking, Wien und anderen Hauptstädten zusammenkamen. Zumeist im Konsens wurden die wichtigsten globalen Probleme beschrieben und zum Teil sogar Aktionspläne zu ihrer Überwindung beschlossen.

Die „Handlungsfähigkeit der UNO stärken“ lautete ein zentrales Motto dieser Konferenzen im ersten Jahrzehnt nach Ende des Ost-West-Konflikts und der damit verbundenen Blockade der Weltorganisation. Und die „Prävention von Konflikten“ wurde zum gemeinsamen Programm – also die rechtzeitige Vorsorge, um eine Eskalation politischer, sozialer oder ökologischer Probleme und Spannungen in gewaltsame, bewaffnete Auseinandersetzungen zu verhindern.

Die Bilanz fällt neun Jahre nach den ersten Weltkonferenzen düster aus. Das Bekenntnis zur „Konfliktprävention“ ist zwar längst Bestandteil fast jeder Rede zu internationalen Problemen geworden. Doch kaum ein UNO-Mitgliedsland hat sie bislang in ein politisches, mit relevanten materiellen und personellen Ressourcen ausgestattetes Programm umgesetzt. Folgerichtig wurde auch die präventive Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen nicht gestärkt. Schlimmer noch: Selbst ihre Fähigkeit zur humanitären Nachsorge für die Opfer von Konflikten wurde in den letzten Jahren nicht nur nicht gestärkt, sondern systematisch geschwächt – zumeist weil die reichen Länder unter den UNO-Mitgliedern, allen voran die EU-Staaten und die USA, ihre finanzielle Unterstützung drastisch verringert haben.

Die akute Krise beim UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) ist hierfür nur eines von vielen Beispielen. Ähnliches gilt auch für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, den Bevölkerungsfonds, das Ernährungsprogramm oder für die Weltgesundheitsorganisation. Deshalb ist es auch nur ein frommer, hilfloser Wunsch des UNHCR, dass sich nach seinem Rückzug auf die „Kernaufgaben“ – den Schutz und die humanitäre Versorgung von Flüchtlingen – „andere Organisationen“ um deren Integration in die jeweilige Heimat oder in Drittländer kümmern werden.

ANDREAS ZUMACH