Quote verdrängt Frauen

Das reformierte Betriebsverfassungsgesetz soll auch Frauen stärker fördern. Aber bei der Formulierung haben es sich die Autoren des Entwurfs viel zu leicht gemacht

STUTTGART taz ■ Die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes befindet sich in der Endphase. Vor der 2. und 3. Lesung im Bundestag am 20. Juni feilschen die Abgeordneten im Arbeits- und Sozialausschuss derzeit unter dem Druck der Lobbygruppen um letzte Änderungen.

Dabei geht es auch um handwerkliche Schnitzer wie die bislang vorgesehene Formulierung für eine Frauenqoute: „Die Geschlechter müssen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht“, heißt es in Paragraph 15.2 des Kabinettsentwurfs. Die Intention ist klar: Mehr Frauen in die Betriebsräte. Nur: Diese Regelung könnte ihr Ziel sogar konterkarieren – es gäbe nicht nur eine Untergrenze, sondern auch eine Obergrenze.

Die Folgen: Frauen würden in ihrem Engagement vielfach behindert statt gefördert, in einer ganzen Reihe von Unternehmen müssten sogar aktive Frauen den Betriebsrat verlassen. Im DaimlerChrysler Werk Sindelfingen etwa würde es nach Angaben des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erich Klemm konkret zwei Frauen treffen. Insgesamt müssten in den deutschen DaimlerChrysler-Werken 24 Frauen ihren Platz räumen. Ähnlich stellt sich die Situation bei Porsche, Siemens, Bosch, Eads, BMW oder Compaq dar.

Auch beim Vorstand der IG Metall in Frankfurt ist man über die Formulierung nicht glücklich. Vor allem, da es im Metallbereich „eine Reihe von Betrieben gibt, in denen schon heute der Anteil der weiblichen Betriebsratsmitglieder über dem weiblichen Beschäftigungsanteil liegt“, wie es in einem Brief von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel an den Arbeitsminister heißt.

Besonders negative Auswirkungen könnte die strikte Quotierung auf kleine Unternehmen mit einem geringen weiblichen Beschäftigungsanteil, Unternehmen mit einem großen Anteil hoch und höchst qualifizierter Beschäftigter in Forschung und Entwicklung und auf die gesamte IT-Branche haben, wo auf diese Weise Frauen ganz aus den Betriebsräten fliegen könnten. Auch in zahlreichen Jugend- und Auszubildendenvertretungen übersteigt der Anteil an jungen Frauen den unter den Auszubildenden insgesamt. Deshalb hält der Deutsche Gewerkschaftsbund die starre Quote für nicht praktikabel. Sein Vorschlag aus dem Jahr 1998: „Frauen müssen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den wahlberechtigten Arbeitnehmern im Betriebsrat vertreten sein.“ Wie nun die endgültige Formulierung lautet, entscheiden die Abgeordneten im Bundestag. „Das Problem ist uns auch schon aufgefallen“, sagt die SPD-Abgeordnete Ute Kumpf, ein Änderungsantrag sei geplant. KAI-STEFFEN BLIESENER