Einseitig berichtet

Betr.: „Weg vom Sklaventreiber-Image“, taz hamburg vom 22. Mai 2001

Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie in Ihrem Artikel mit keinem Wort auf die Problematik des langfristigen Sozialhilfe-Bezuges eingegangen sind. Je länger jemand in der Sozialhilfe steckt, desto mehr bleibt seine Menschenwürde auf der Strecke und wird seine Kreativität, sich aus diesem Dilemma he-rauszuarbeiten, getötet. Der langfristige Sozialhilfebezug treibt in die Isolation, oft in den Alkohol, in die Verzweiflung. Und: Der Bezug zur Realität geht verloren. Sozialhilfe zu beziehen ist zwar nicht länger ein Stigma, jedoch beileibe auch kein wünschenswerter Zustand. Deshalb ist jede zumutbare Arbeit, die „nicht sittenwidrig ist und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten übersteigt“, ein Sprungbrett in ein besseres Leben. Eingliederungshilfen, die häufig notwendig sind, werden von vielen Organisationen angeboten.

Noch ein Wort sei erlaubt: Die von Ihnen erwähnten brutto 12 Mark sind nicht die Regel, sondern die unterste von uns akzeptierte Grenze. Aber auch damit verfügt ein Mensch über mehr Geld, als er im Rahmen der Sozialhilfe erhält. Und fehlt bei einer Familie etwas zur Deckung des Lebensunterhaltes, kann natürlich weiterhin ein Sozialhilfezuschuss (vorrangig Wohngeld) geleistet werden.

Bedauerlich ist auch, dass Sie von ca. 80 Besuchern unseres „Begegnungstages“ einen einzigen zitieren und dann schreiben: „Allzu gut kamen die Vermittler bei den Kunden jedoch nicht an.“ Unsere anonyme Befragung ergab ein ganz anderes Bild. Gerade eine Zeitung wie die taz sollte es nun wirklich nicht der Bild und ähnlicher Journaille gleichtun und Verallgemeinerungen locker in die Welt setzen.

Margret Silvester,

Literatur-Zentrum Hamburg