Menem verhaftet

Wegen illegaler Waffengeschäfte sitzt Argentiniens Expräsident als mutmaßlicher Kopf einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft

BUENOS AIRES taz ■ Der ehemalige argentinische Präsident Carlos Menem sitzt seit gestern in Untersuchungshaft. Laut Anklageschrift wird ihm wird vorgeworfen, der Kopf einer „kriminellen Vereinigung“ zu sein, die während seiner Amtszeit Waffen aus Staatsbeständen nach Kroatien und Ecuador geliefert hat. Gegen Kroatien bestand in dieser Zeit ein Waffenembargo, und Ecuador befand sich im Krieg mit dem Nachbarland Peru. Im Falle einer Verurteilung drohen Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren.

Der ermittelnde Richter Jorge Urso hatte Menem gestern nach nur 35 Minuten Verhör den Haftbefehl vorgelegt. In derselben Sache sitzen bereits Menems engster Vertrauter Emir Yoma, sein ehemaliger Verteidigungsminister Erman González und der ehemalige Heereschef Martín Balza in Untersuchungshaft. Da Menem bereits siebzig Jahre alt ist, kann er aufgrund seines Alters beantragen, die Untersuchungshaft in Hausarrest umzuwandeln.

Das Verfahren gegen Menem schweißt seine zerstrittene peronistische Partei (PJ) wieder zusammen. Mehrere Senatoren und Abgeordnete waren am Mittwoch nach Buenos Aires gereist, um Menem zu unterstützen. Menem selbst hatte ein Comeback bei den nächsten Präsidentenwahlen nicht ausgeschlossen.

Präsident Fernando de la Rúa bemühte sich darum, Gelassenheit zu zeigen. Er beantwortet seit Tagen alle Fragen in Sachen Menem mit demselben Satz: „Die Gerichte sind unabhängig.“

In Justizkreisen wurde die Anklagekonstruktion gegen Menem kritisiert. Einem Expräsidenten könne schwer nachgewiesen werden, der Kopf einer kriminellen Vereinigung zu sein. Dazu sei notwendig, ihm zu beweisen, dass es der Zweck seiner Regierung war, illegale Geschäfte abzuwickeln, was kaum möglich sein wird. Ein besserer Hebel für die Anklage wäre „fehlerhafte Amtsführung“ gewesen, räumten mehrere Anwälte ein.

Der Waffenskandal ist die einzige Möglichkeit, Menem, dessen Regierung als ausgesprochen korrupt galt, den Prozess zu machen. Laut Informationen des Radiosenders Rivadavia war Menem kurz nach seinem Amtsende in seiner Heimatprovinz La Rioja von einem befreundeten Richter bereits der Korruption angeklagt und in allen Fällen freigesprochen worden. Und niemand darf für ein Delikt zweimal vor Gericht zitiert werden.

INGO MALCHER