Preistreiber sprengen Fahrplan

Demos gegen den nächsten Castortransport am Wochenende durch Hamburg  ■ Von Gernot Knödler

In Hamburg herrscht reger Verkehr mit atomaren Brennstoffen. Wie eine Kleine Anfrage des Regenbogen-Abgeordneten Lutz Jobs in der Bürgerschaft ergeben hat, sind seit dem Herbst 1998 insgesamt 136 Atomtransporte durch die Stadt gerollt. 24 weitere Transporte sind derzeit genehmigt. Gegen den nächsten Castor-Transport vom AKW Stade zur Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) in La Hague haben AtomkraftgegnerInnen in Hamburg und Uelzen Proteste angekündigt.

Als Zeitpunkt für den Castor-Transport hatte die Anti-AKW-Szene zunächst die Nacht von Sonntag auf Montag vermutet. Nach Angaben der Bürgerschaftsgruppe Regenbogen und der Bürgerinitiative gegen Atomanlagen Uelzen verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass dieser Termin nicht eingehalten wird. „Die Erfahrungen des jüngsten Transports abgebrannter Brennelemente aus dem AKW Stade und die Ankündigung erneuter Proteste haben offenbar den ursprünglichen Fahrplan durcheinander gebracht“, kommentiert Jobs.

Mit ihren Aktionen will die Anti-AKW-Bewegung diesen Druck aufrechterhalten. Der Regenbogen hat deshalb für Sonntag eine Demonstration angemeldet. Der Zug startet um 17 Uhr am S-Bahnhof Harburg, ganz gleich, ob der Castor in der Nacht zu Montag anrollen wird oder nicht.

Die BürgerInneninitiative in Uelzen trifft sich mit ihren UnterstützerInnen um 4.45 Uhr auf dem Hammersteinplatz in Uelzen. Ihre geplante Aktion werde nur ausfallen, wenn der Transport zweifelsfrei nicht stattfinde, teilte die Initiative mit. Der Stand der Dinge kann über das Aktionstelefon 05 81/ 389 63 01 abgefragt werden.

Die Uelzener wollen nach eigenen Angaben besonders auf die Situation der Menschen aufmerksam machen, die in der Nähe der WAA La Hague leben. Wie in der vergangenen Woche bekannt geworden war, ist die Umgebung der französischen WAA in einen Ausmaß radioaktiv kontaminiert, das in Deutschland vorgeschriebene Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigt.

„Dies halten wir für unverantwortlich und völkerrechtswidrig“, schreibt die Initiative. „Die im deutschen Atomgesetz vorgeschriebene schadlose Verwertung des Stader Atommülls ist in La Hague offensichtlich nicht möglich“, stellte Jobs fest. Der Bürgerschaftsabgeordnete will nach eigenen Worten „mit den Demonstrationen und Aktionen nicht nur den politischen, sondern auch den ökonomischen Preis“ der Castor-Transporte erhöhen.

Dass ihm das bereits gelungen ist, geht aus der Antwort auf seine parlamentarische Anfrage hervor. Demnach setzte Hamburg beim jüngsten Transport am 14. und 15. Mai 698 PolizistInnen ein. Weitere 392 kamen aus Schleswig-Holstein, eine unbekannte Zahl stellte der Bundesgrenzschutz. Allein die hamburgischen Personalkosten betrugen 765.000 Mark, 66.000 davon für exakt 2600 Überstunden.