Naziatome spalten

■ Rechte marschieren unter Polizeischutz durch Lübeck – angeblich für die Umwelt

Unter dem Motto „Umweltschutz ist Heimatschutz“ marschierten am Samstag Mittag etwa 200 Neonazis durch Lübeck. Vier Stunden lang sperrte die Polizei für den rechten „Anti-Castor-Protest“ der Freien Nationalisten den südlichen Stadtteil St. Lorenz gänzlich ab. „Die haben niemanden durchgelassen“, berichtet eine Augenzeugin, „weder Kinder noch ältere Anwohnerinnen.“ Geschützt von über 1000 Einsatzkräften konnten der Hamburger Neonaziführer Christian Worch und sein Lübecker Statthalter Dieter Kern gegen die Atompolitik wettern, welche „die Eigenständigkeit Deutschlands“ verhindere.

Schon am Vormittag hatten etwa 200 Menschen gegen den Neonaziaufmarsch protestiert. Auf der Kundgebung erinnerte eine Sprecherin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) daran, dass Hitler niemals in die Hansestadt gekommen war. „Nur einmal wollte er hier reden“, so die VVN-Rednerin, „doch ein breiter Widerstand verhinderte dies.“ Um so schlimmer sei es, dass heute „seine geistigen Enkel“ durch die Stadt ziehen dürften.

Als nach der Kundgebung AntifaschistInnen versuchten, die Polizeigitter zu überwinden, kam es zu etwa 50 Ingewahrsamnahmen. „Der Polizeieinsatz war völlig unverhältnismäßig“, erklärt Angelika Birk, grüne Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag. Es erschrecke sie, „dass nicht nur jegliche Gegenkundgebung außerhalb der Altstadt verboten war, sondern auch in St. Lorenz die Bewegungsfreiheit der Bewohner stundenlang einschränkt wurde“.

Nach dem Aufmarsch fuhren rund 35 Neonazis zum berüchtigten „Club 88“ in Neumünster. Schon am Freitag waren dort etwa 15 Kameraden in T-Shirts mit dem Aufdruck „Club 88 – the very last resort“ („Heil Hitler – der allerletzte Ausweg“) bei einem Volkslauf mitgelaufen. Das Ziel hatten jedoch nur drei von ihnen erreicht. sp