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schwule waliser, hässliche vegetarier und stillende mütter

von RALF SOTSCHECK

Sind Sie ein fetter, schwuler walisischer Busfahrer mit stark behaartem Rücken und schmutzigen Fingernägeln? Dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie von der englischen Polizei nicht so zuvorkommend behandelt werden, wie Sie es erwarten. Die Polizeichefs haben 2.600 Beamte nach deren Lieblingshassobjekten gefragt, um das Bewusstsein für Diskriminierung zu schärfen.

Die Palette der Personen, die von der Polizei verachtet werden, ist breit. Neben den oben genannten Kategorien sind auch Abstinenzler und Raucher, Sozialarbeiter und Vegetarier, Glatzköpfe und hässliche Menschen recht unbeliebt. Deutsche Urlauber haben genauso schlechte Karten wie Mütter, die ihre Babys in der Öffentlichkeit stillen. Wer einen Wohnwagen besitzt oder gar einen Lada fährt, sollte nicht falsch parken, denn bei ihnen drücken die Polizisten garantiert kein Auge zu. Von deutschen kahlköpfigen Müttern, die ihrem Kind in einem Lada die Brust geben und dabei rauchen, ganz zu schweigen.

Diejenigen, die den Fragebogen ausgeheckt haben, geben den Befragten Hilfestellung, falls ihnen auf Anhieb niemand einfällt, den sie nicht mögen: Sie machen 39 Vorschläge, die man nur anzukreuzen braucht. Wie wäre es mit rothaarigen Radfahrern oder blauäugigen Bardamen? Wer etwas gröber gestrickt ist, was unter englischen Polizisten ja nicht selten vorkommen soll, kann in der Sektion für Rassisten sein Hasskreuzchen machen: Araber und Moslems, oder vielleicht lieber Schwarze und Asiaten?

Der Fragebogen soll gleichzeitig belehren. „Italiener wedeln mit den Armen und reden laut“, heißt es. Man könnte sie für streitbar halten, aber sie seien eben anders. Franzosen dagegen, so schreiben die Fragebogenfragesteller, zucken gerne mit den Schultern und gebrauchen abwertende Gesten. Das könne ihnen als ungezogen ausgelegt werden, aber das sei es gar nicht. Das liege in der Natur des Franzosen.

Phil White von der Polizeigewerkschaft befürchtet, dass die Fragebogen gegen diejenigen verwendet werden können, die sie ehrlich ausfüllen: „Wenn die Polizeiführung eine Antwort nicht billigt, ergreift sie möglicherweise Maßnahmen gegen den Beamten.“ Sollte es wirklich Polizisten geben, die den Fragebogen ehrlich ausfüllen? Sie würden unweigerlich zu Hassobjekten ihrer Kollegen, weil man die Vorurteile des Berufsstandes doch lieber unter der Decke hält.

Dabei gibt es genügend Personenkreise, die man hassen kann. Manchester-United-Fans zum Beispiel, so suggeriert der Fragebogen völlig zu Recht. Neben den bereits erwähnten Walisern kommen auch Engländer, Iren, Kanalinsulaner oder Menschen von der Isle of Man in Betracht. Ach, und was ist mit den Schotten? Warum kommen sie nicht vor? Ist es Zufall, dass der für den Fragebogen verantwortliche Anti-Diskriminierungsbeauftragte Sandy Forrest Schotte ist? Warum reitet er auf den liebenswerten Walisern herum? Darauf gibt es nur die klassische Antwort, die im Film „Julia und ihre Liebhaber“ – auf Albaner bezogen – gegeben wurde: „Warum nicht?“

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