Zickiges Kapital

Deutschlands erste „richtige“ Privatuni soll bald starten. Aber das private Geld ziert sich. Bislang zahlt der Staat

BREMEN taz ■ Je größer die Not, desto lockerer der Umgang mit Superlativen: Deutschlands einzige richtige private Elite-Universität soll die „International University Bremen“ werden. Auf einem verlassenen Kasernengelände sollen 1.200 Studierende aus aller Welt ausgebildet werden. Finanzieren will sich das Projekt aus den Zinsen des Stiftungskapitals von 500 Millionen Mark – und Studiengebühren von 30.000 Mark pro Jahr.

Vorbild für Bremen ist die Ziehmutter, die Rice University in Texas, die über ein Stiftungsvermögen von rund 3,4 Milliarden Dollar verfügt. Bürgermeister Henning Scherf versorgt das bremische Vorhaben mit sozialdemokratisch unterdessen gutem Gewissen. „Bei uns wird kein armer Student abgelehnt“, versprach Scherf jüngst. Die Studis würden in Bremen rein nach Qualifikation ausgesucht. In Texas bewarben sich im Herbst 6.802 für Rice, 1.600 wurden angenommen, rund 600 begannen das Studium.

Scherf war es, der noch im Sommer 1999 verkündete, man sei „mitten drin“ in der Akquisition des Stiftungskapitals. „Mehr als die Hälfte“ sei schon gesammelt. Die Realität scheint eine andere zu sein. Auf der Internet-Seite der „IU-Bremen.de“ dümpelt seit Monaten eine Eloge auf die Bremer Landesbank. Die führt die Konten der Uni – das war dem Institut fünf Millionen Mark Spende wert.

Der renommierte Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft habe zudem tief in die Kasse gegriffen. Der Essener Uni-Förderer „has agreed to supplement the gift of the Commerzbank Stiftung with an annual gift of DM 30.000 for the five-year duration.“ Ganze 30.000 Mark von der zentralen Sammelstelle privaten Kapitals für die deutsche Wissenschaft! Wie muss es da unter dem Strich aussehen?

„Wir geben nach wie vor keine Auskunft“, heißt es stereotyp auf die Frage, wie voll das Säckel inzwischen ist. Immerhin soll das Studium am 3. September losgehen. Und das wird es in jedem Fall, denn das Land Bremen sichert mit einem 230-Millionen-Zuschuss die Liquidität für die ersten Jahre. Schon jetzt sind damit direkt und indirekt über 300 Millionen Mark staatlicher Gelder für die private Universität beschlossen – Steuermindereinnahmen durch abzugsfähige Spenden nicht eingerechnet.

In den letzten Monaten hat denn auch niemand mehr den Anspruch wiederholt, zum Start werde man planmäßig 100 Millionen Mark des privaten Stifter-Kapitals zusammenhaben.

KLAUS WOLSCHNER