Alte Männer

Lateinstunde (III): Alte Männer sind egozentrisch, nachtragend, rachsüchtig, pervers und besserwisserisch

„Der alte Mann und das Meer“ - das hielt der Schriftsteller Ernest Hemingway offensichtlich für ein angemessenen Verbindung. Das lateinische Wort „senex“ im Titel dieses Buches ist als „alter Mann“ zu lesen. Auf dem Meer - dort scheint der angemessene Ort für Männer zu sein, die ein gewisses Lebensalter hinter sich gelassen haben.

Von Kultur und Zivilisation gesondert, mögen die Alten als „lonely rider“ in verbohrter Sentimentalität und unbeugsamer Starrsinnigkeit ein Leben von einzelgängerischen Elefanten fristen. Alte Männer sind egozentrisch, nachtragend, rachsüchtig, pervers und vor allem besserwisserisch.

Was, wenn die Alten den Kopf verlieren? Was, wenn sie Meer, Wüsten, versteckte Höhlen und abgelegene Gebirge verlassen? Es ist schlimmer, sie sind nicht, wo sie sein müssten: Sie sind unter uns! Warum werden Männer ab einem bestimmten Alter nicht in Sicherheitsverwahrung genommen?

Wir glauben, dass da die Berliner Tageszeitung (taz) stark Einfluss genommen hat auf die Rechtssprechung. Die Tageszeitung hat dafür gesorgt, dass die Alten nicht ins Gefängnis geworfen werden. Warum? Das ist klar. Die Tageszeitung braucht offensichtlich eine Inkarnation des Übels, sie braucht alte Männer. Habt ihr nicht bemerkt, wie oft die taz die Art alter Männer als das Paradigma von Unart heranzieht?

Da ist die Rede von (sexuellen) Phantasien alter Männer oder von strategischen Planspielen alter Männer oder von der Musik alter Männer [= von alten Männern / für alte Männer] (im Zusammenhang mit dem Sänger, Dichter und Komponisten Bob Dylan) oder von den schniefigen Elegien alter Männer über die Schlechtigkeit der Jugend (einige Professoren hatten eine großen Teil der Studenten als unfähig bezeichnet) oder von vielen anderen Unarten alter Männer. „Alte Männer“ sind zum Gemeinplatz geworden (zum Topos). Selbstverständlich darf ein Autor Topoi/Gemeinplätze verwenden. Aber wenn ein Autor Topoi/Gemeinplätze verwendet, hat das zwei Nachteile.

Erster Nachteil: Wenn eine Wort gerade neu als Topos entdeckt worden ist und es dann zu häufig gebraucht wird, dann erzeugt der Topos sofort Langeweile. Wir erinnern uns: als „Angst haben“ Topos/Gemeinplatz war, hatten bald viele Leute Angst, dass schon wieder jemand Angst haben könnte. Und wer hätte nicht von emotionaler und geistiger Öde betroffen sein müssen, nachdem „betroffen sein“ Mode, Angewohnheit geworden war. Halbwegs begabte Autoren sollten Gemeinplätze/Topoi nicht ohne Anflug von Ironie einsetzen. Aber: Soll Gähnen nicht gesund sein? Dann wäre ja der Nachteil kein Nachteil, sondern ein Vorteil.

Zweiter Nachteil: Gemeinplätze/Topoi, wenn sie sich auf Menschen beziehen, sind oft schlichte Vorurteile. Vielleicht brauchen wir Menschen, denen wir unsere Vorurteile aufdrücken können, vielleicht brauchen wir Menschen, die uns als Sündenbock dienen oder als Paradigma des Übels. neger, Türken Frauen (welchen Alters auch immer), Lesben, Schwule, Penner und andere sind nicht geeignet (von Hunden und Katzen ganz zu schweigen, und „das alte Schwein“ / “die alte Sau“ ist ein ganz anderer Fall), weil das gegen die Political Correctness verstieße.

Niemand würde sich über die Untaten alter Frauen empören (von den Untaten alter Hunde wieder ganz zu schweigen). Bleiben Männer (welchen Alters auch immer, vor allem alte Männer) und Skinheads.

Was auffällt: Die Autoren, die uns so gern durch die Vorstellung alter Männer erschrecken, sind keine Frauen, sondern, wenn ich das richtig gesehen habe, (alte?) Männer. Was zeigt uns diese Beobachtung? KLAUS MACKOWIAK