schwarz-grüne koalition
: Ein Experiment mit Perspektive

Die Koalition zwischen CDU und Grünen in Saarbrücken ist kein Verrat an den Prinzipien – und noch kein politischer Dammbruch. CDU und Grüne an der Saar haben sich gefunden, weil den Grünen die SPD verloren ging. Die Sozialdemokraten der Post-Lafontaine-Ära hatten sich zu arrogant über den kleinen Koalitionspartner hinweggesetzt und sich gleichzeitig in Korruption verstrickt.

Kommentar vonKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Für die Grünen ist die Koalition eher aus der Not geboren – für die Union dagegen ist sie ein bewusst kalkuliertes Wagnis. Denn es wäre auch eine große Koalition möglich gewesen; sie wurde vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) jedoch verhindert.

Gebetsmühlenartig betonen die neuen Partner, dass ihre Koalition kein Exempel für die Landes- oder gar Bundespolitik sei. Ist die Koalition an der Saar also nur ein Experiment? Ja und nein. Wenn heute in Frankfurt CDU, Grüne und FDP „Hochzeit“ feiern sollten, dann ist es dort wie in Saarbrücken perspektivisch vielleicht doch mehr. Nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Aber auch nicht nur die Bestätigung für den demokratischen Grundsatz, dass alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig seien.

In vielen kleinen Gemeinden agieren CDU und Grüne ja schon längst gemeinsam. Die politischen Lager erodieren. Und Wähler mit festen Bindungen an eine Partei werden ohnehin immer seltener – sehr zum Leidwesen der etablierten. In Berlin etwa ist die noch unter Willy Brandt übermächtige SPD zur Zwanzigprozentpartei geschrumpft. Auch die CDU steht dort aktuell nicht viel besser da. Und wenn die SPD heute auf Bundesebene mit FDP und PDS liebäugelt und in zwei Ländern schon mit dieser doppelten Konkurrenz der Grünen koaliert (mit den Liberalen in Rheinland-Pfalz und mit der PDS in Mecklenburg-Vorpommern), dann werden sich auch die Grünen neuen Optionen nicht mehr kategorisch verschließen können.

Rot-Grün ist kein Dogma mehr. Das müssen die Sozialdemokraten jetzt zur Kenntnis nehmen. Die Erpressbarkeit der Grünen auch auf Bundesebene wird kleiner – ab sofort.

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