Gysi tritt nicht an

Der PDS-Star wird Berlin nicht regieren. Gregor Gysi steht als Spitzenkandidat bei Neuwahlen nicht zur Verfügung. Eine Mehrheit der Berliner hat nichts gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS

BERLIN taz ■ Es war eine faszinierende Idee – aber eben nur eine Idee: Der PDS-Star Gregor Gysi als Regierender Bürgermeister von Berlin. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Gysi wird nicht als Spitzenkandidat der PDS bei den Neuwahlen in Berlin antreten. Das erfuhr die taz aus Kreisen des PDS-Bundesvorstands. Gysi habe klargestellt, dass er nur antreten würde, wenn in Berlin der Regierende Bürgermeister direkt von den Bürgern gewählt werden könnte, heißt es. Da dies aber laut Landesverfassung nicht möglich und eine Änderung der Verfassung vor Neuwahlen ausgeschlossen sei, habe Gysi seinen Verzicht signalisiert. Der PDS-Spitzenmann ist davon überzeugt, dass jemand wie er bei der Geschichte der Stadt und seiner Partei eine unmittelbare Legitimation durch die Wähler braucht.

Offiziell wurde die Absage Gysis dementiert. Der PDS-Spitzenpolitiker werde wie angekündigt erst Ende der Woche seine Entscheidung bekannt geben, sagte ein Sprecher der Berliner PDS-Fraktion. Aber intern wird bereits überlegt, welche Rolle Gysi jetzt im Hauptstadt-Wahlkampf spielen soll. Diese Frage wird auf einem Sonderparteitag der Berliner PDS am Freitag geklärt.

Welche Chancen sich für die PDS aus einer Spitzenkandidatur Gysis ergeben hätten, läßt sich an den Ergebnissen der jüngsten Meinungsumfrage ablesen. Nach Angaben des Forsa-Instituts würde sich Gysi bei einer Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters klar gegen den bisherigen Regierungschef Eberhard Diepgen (CDU) und dessen Herausforderer Klaus Wowereit (SPD) durchsetzen. Eine Mehrheit der Berliner (52 Prozent) hält die PDS für regierungsfähig. Eine noch größere Mehrheit (57 Prozent) glaubt nicht, dass das Ansehen Berlins durch eine Beteiligung der PDS an der Regierung beschädigt würde. Als Termin für Neuwahlen wird der 23. September immer wahrscheinlicher. Nach SPD, Grünen, PDS und FDP sprach sich jetzt auch die CDU für dieses Datum aus. JENS KÖNIG

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