Aufwind für Justiz

Nach 18 Monaten gibt es wieder ein eigenständiges Justizressort. Die Standesorganisationen sind erleichert

Ab Samstag wird es in Berlin wieder ein eigenes Justizressort geben. Das stößt in Juristenkreisen auf einhellige Zustimmung. Das Ressort war nach den letzten Wahlen Ende 1999 der Senatskanzlei zugeschlagen worden. Verantwortlich war somit der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), der die Justiz aber sträflich vernachlässigte.

Wie verhängnisvoll es war, die Justiz an den politischen Machtapparat des Regierenden Bürgermeisters anzuschließen, zeigte sich, als der Bankenskandal bekannt wurde. Nach Angaben der Vorsitzenden der Vereinigung der Berliner Staatsanwaltschaft, Vera Junker, wurde die in Sachen Bankgesellschaft ermittelnde Gruppe der Staatsanwälte von der Behördenleitung nur mehr halbherzig aufgestockt. „Es wurde kein einziger Staatsanwalt neu eingestellt.“

Aber auch um die anderen Bereiche der Justiz hat sich Diepgen nicht gekümmert. „Es liegt überall im Argen“, sagt der Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger, Rüdiger Portius. Bei der Staatsanwaltschaft, den Gerichten, in den Gefängnissen – überall fehle das Geld. Das Personal sei überfordert und demotiviert. Auch Justizpolitik habe de facto nicht stattgefunden.

Der neue Justizsenator Wolfgang Wieland werde in der kurzen Zeit der Übergangsregierung nicht viel bewegen können, befürchtet Portius. Aber Wieland könne eine Analyse vornehmen, Signale setzen und motivieren. Um den Ermittlungsappart der Staatsanwaltschaft in Fahrt zu setzen, brauche es „eine starke Kontrolle und Führungsqualität“. Was für eine Farbe das Parteibuch ihres neuen Chefs hat, ist Junker ziemlich egal. In einer Situation, in der noch nicht einmal die Häfte der Staatsanwälte an einen Personalcomputer angeschlossen sei, brauche es vor allem eines: „Frischen Wind und volle Kraft voraus.“

In der 250 Mitarbeiter zählenden Justizhauptverwaltung hielt man sich gestern zwar bedeckt, aus gut unterrichteten Kreisen war jedoch zu erfahren, dass in der Behörde die Sektkorken knallen werden, wenn Justizstaatssekretär Diethard Rauskolb (CDU) weg ist. Statt das Amt beherzt zu führen, sei Rauskolb nichts anderes als Diepgens Steigbügelhalter gewesen. Als weit schlimmer als die Tatsache, dass er sich nichts getraut habe, sei aber seine Unfähigkeit empfunden worden, offen und ehrlich mit seinen Untergebenen umzugehen, heißt es.

PLUTONIA PLARRE