Klimaschutz kann preiswerte Jobmaschine werden

Die EU-Kommission versucht sich in Werbung für das Kioto-Protokoll. Doch inzwischen drohen auch europäische Regierungen abzuspringen

BRÜSSEL taz ■ Pünktlich zum Bush-Besuch in Europa trat Umweltkommissarin Margot Wallström mit guten Nachrichten vor die Presse: Klimaschutz ist billiger, als die Amerikaner behaupten, und er schafft Arbeitsplätze. Das haben Experten im Auftrag der EU-Kommission berechnet. 16 Prozent weniger an klimaschädlichen Gasen könnten in die Atmosphäre gelangen, ohne dass die Kosten der Maßnahmen die europäische Wirtschaft ins Hintertreffen brächten. Im Gegenteil: Investitionen in umweltverträgliche Technologien würden einen Modernisierungsschub in Europa auslösen. Jede Tonne eingespartes Kohlendioxid koste weniger als 20 Euro.

Als wirkungsvolle und kostengünstige Klimaschutzpolitik nennt der Bericht Richtlinien über Wärmeisolierung an Gebäuden, die Verwendung von Biogas sowie ein EU-Rahmengesetz über den Handel mit Treibhausgasen. Die EU hat sich 1997 in Kioto verpflichtet, den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen bis 2010 um 8 Prozent zu senken, gemessen am Niveau von 1990, die Marke für die USA liegt bei 6 Prozent. Nur Details waren noch offen.

Die Ankündigung des frisch gewählten US-Präsidenten im März, das Kioto-Protokoll nicht zu unterzeichnen, war in Brüssel wie eine Bombe eingeschlagen. Wallström reiste sofort nach Washington, um Bush junior umzustimmen. Sie gelangte nicht einmal in sein Vorzimmer.

Dass Bush am Vortag seiner ersten Europareise sagte, er wolle mehr in Umweltforschung investieren, das Kioto-Protokoll aber keinesfalls unterzeichnen, hat Wallström nicht besänftigt.

Zehn Jahre habe die Weltgemeinschaft verhandelt, um sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Das System sei flexibel und entbinde auch – entgegen Bushs Behauptung – die Entwicklungsländer nicht von ihrer Verantwortung. Mit einem Emissions-Anteil von 25 Prozent seien die USA aber hauptverantwortlich für den Treibhauseffekt.

In den vergangenen Wochen haben die Europäer immer wieder betont, das Protokoll zur Not auch ohne die USA umsetzen zu wollen. Nun scheint die Front der Aufrechten zu bröckeln: Die neue italienische Regierung sendet Signale aus, sie halte eine Klimavereinbarung ohne amerikanische Beteiligung für sinnlos. Mindestens 55 Staaten müssen das Kioto-Protokoll unterzeichnen, damit es in Kraft treten kann. Und dieser Tag rückt mit jedem skeptischen Kommentar eines europäischen Politikers ferner. Daran ändert auch ein Expertenbericht nichts, der klimaschonenden Ländern Standortvorteile verheißt.

DANIELA WEINGÄRTNER