Bei Kohl gab’s mehr

Bis zum Schluss Gezerre um die Entwicklungshilfe. Wieczorek-Zeul (SPD) handelt Nachbesserung aus

Was hatte der Bundeskanzler doch gesagt? „Den Abwärtstrend des Anteils der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt werden wir stoppen.“ Das war im Oktober 1998, als der frisch ins Amt gehobene Gerhard Schröder seine Regierungserklärung verlas. 1998 lag der Haushalt des Entwicklungsministeriums (BMZ), es war der letzte der Regierung Kohl, bei 7,666 Milliarden Mark. Das entsprach 1,7 Prozent des Gesamthaushalts und 0,26 Prozent des Bruttosozialprodukts.

Drei Jahre später, Haushaltsverhandlungen: Für 2002 soll der Etat des Entwicklungsministeriums nur noch 7,021 Milliarden Mark betragen. Das sind 5,3 Prozent weniger als im Vorjahr und mehr als 12 Prozent weniger als im letzten CDU-Jahr. Der viel beschworene Anteil am Bruttsozialprodukt, der der ofiziellen Rhetorik nach bei 0,7 Prozent liegen sollte, sinkt damit auf 0,22 Prozent. Anfang der 90er-Jahre hatte er noch bei über 0,4 Prozent gelegen.

Angeblich sind diese Zahlen für Finanzminister Hans Eichel (SPD) beschlossene Sache. Nicht so für Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul: Sie kämpfte bis zur Kabinettsitzung gestern noch um 400 Millionen Mark mehr für ihr Ressort. „Wir können uns nicht vorstellen, dass es so bleibt“, sagte ihr Sprecher. Tatsächlich handelten die Koalitionsspitzen am Nachmittag noch eine Aufbesserung des Etats um 200 Millionen Mark im Rahmen der parlamentarischen Beratungen aus.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Köster Loßack, hält Eichels Haushaltsentwurf für eine „absolute Katastrophe“. Gerade 2002, zehn Jahre nach der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro, dürfe die Bundesrepublik „globale Erfordernisse nicht in dieser Form abmeiern“, sagte sie der taz. „Die Glaubwürdigkeit des Kanzlers ist anzuzweifeln: Erst stellt er sich beim Milleniumsgipfel letztes Jahr in New York hin und verspricht einen Plan zur weltweiten Armutsbekämfpung. Dann ist kein Geld zur Finanzierung da.“ Die Wahljahrlogik, sparen im Ausland würde den deutschen Wählern noch am wenigsten weh tun, hält Köster-Loßack für kurzsichtig. Im Ministerium verweist man auf die effizientere Verwendung, mit der die Knappheit der Mittel kompensiert werden soll. So konzentriert sich Rot-Grün auf Schwerpunktthemen, statt Projekte nach dem Gieskannenprinzip zu finanzieren. KATHARINA KOUFEN