Senatorin verzweifelt gesucht

Die Grünen entscheiden erst kurz vor knapp, wer morgen Wirtschaftssenatorin werden soll. Realo Cem Özdemir aus Baden-Württemberg steht für die anstehenden Neuwahlen definitiv nicht als Spitzenkandidat in Berlin zur Verfügung

von RICHARD ROTHER
und ANDREAS SPANNBAUER

Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung des Abgeordnetenhauses ist noch immer unklar, wer für die Grünen das Wirtschaftsressort übernimmt. Klar ist nur, dass eine Frau das um die Bereiche Abfallwirtschaft und regenerative Energien erweiterte Ressort leiten soll. Die Kandidatin soll heute Abend auf einer Sondersitzung des Landesausschusses nominiert werden. „Das ist kein mit schneller Nadel gestrickter Vorschlag, sondern eine Bestenauslese“, sagte Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland gestern.

Damit tun sich die Grünen allerdings schwer. Nachdem die Berliner Wirtschaftsprofessorin Frederike Meyer offenbar abgesagt hat, setzte sich gestern die hektische Suche nach einer geeigneten Kandidatin fort. Die Schwierigkeiten bei der Suche liegen nicht nur daran, dass die SPD ihren Segen geben muss. Nach den Neuwahlen werden die Ressorts unter den möglichen Koalitionären SPD, PDS und Grüne völlig neu aufgeteilt. Das Dilemma: schnell eine angesehene Persönlichkeit finden, die bereit ist, sich für eine Zwischenlösung herzugeben. Schließlich haben die Grünen nach dem harten Ressort gegriffen, um sich als regierungsfähig zu präsentieren.

Der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, erklärte gestern indes, er stehe für eine Kandidatur in Berlin nicht zur Verfügung. Der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion war von Parteichef Fritz Kuhn und Landwirtschaftsministerin Renate Künast als Spitzenkandidat für den Berliner Wahlkampf ins Gespräch gebracht worden. Beim eher linken Landesverband war dieser nicht abgesprochene Vorschlag zurückhaltend aufgenommen worden. Fraktionschef Wieland hatte auf der Landesdelegiertenkonferenz am Mittwoch Abend noch einmal seine Ansprüche auf den Posten des Innensenators bekräftigt, für den auch Özdemir gehandelt worden war. „Die Würde der Landesverbände ist unantastbar“, sagte dazu die Bundesvorsitzende Claudia Roth.

Gestern dann teilte Özdemir mit, er wolle „das Schwabenland und die Baden-Württemberger Grünen auch in der kommenden Legislaturperiode im Bundestag vertreten“ und stehe daher nicht als Spitzenkandidat für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus zur Verfügung. Im Übrigen sei der Berliner Landesverband bisher nicht mit einem solchen Ansinnen an ihn herangetreten.