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: Ein Fehlstart vor der Wahl

Viel ist in den vergangenen Tagen von Aufbruch die Rede gewesen. Manch einer wurde gar richtig euphorisch, als es darum ging, die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen und die Bildung des neuen Übergangssenats zu kommentieren. SPD-Chef Peter Strieder sprach von einem „Gute-Laune-Senat“, der grüne Parteisprecher Till Heyer-Stuffer kündigte einen „neuen Politikstil“ an.

Kommentar von UWE RADA

Einen Tag vor der Wahl des rot-grünen Übergangssenats ist davon freilich wenig zu spüren. Außer dem designierten Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit vermag der neue Senat, so er überhaupt steht, wenig an Aubruchsstimmung, guter Laune und neuem Politikstil zu verbreiten. Vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, wer das so wichtige Amt des Finanzsenators übernehmen soll.

Vor allem zwei Namen waren da gestern im Gespräch. Da ist zum einen Norbert Meisner, unter Rot-Grün von 1989 bis 1991 Finanzsenator, danach unter der ersten Auflage der großen Koalition deren Wirtschaftssenator. Der andere Kandidat ist Frank Bielka, bis 1999 neben Peter Kurth Staatssekretär von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, seitdem in gleicher Funktion bei Bausenator Peter Strieder.

Nur, was wäre das für ein Signal? Ein ehemaliger Finanzsenator aus einer Zeit, in der das Geld noch aus dem Fenster geworfen wurde, und ein Staatssekretär, zu dessen Hauptqualitäten gehört, dem rechten Britzer Kreis der SPD vorzusitzen. Das wäre nicht nur ein „Weiter so“, das wäre ein Schritt zurück, kein Aufbruch in neue Zeiten und einen neuen Politikstil, sondern ein Rückfall ins System Westberlin. Das gibt es nämlich nicht nur bei der CDU, das gibt es auch in der SPD.

Doch nicht nur die SPD tut sich schwer, die vollmundigen Ankündigungen einzulösen, sondern auch die Grünen. Nachdem die grüne Fraktionschefin Sibyll Klotz als Wirtschaftssenatorin offenbar nicht durchzusetzen war, soll es nun eine anerkannte Expertin richten. Nur: Wer übernimmt schon ein Senatsamt, wenn er nicht auch eine Perspektive über den Übergangssenat hinaus bekommt?

Genau da wird es aber eng. Drei Senatsposten wie im Übergangssenat wird es für die Grünen nach den Neuwahlen im September und einer möglichen rot-rot-grünen Koalition nicht mehr geben, sondern nur mehr einen oder zwei. Und einer davon ist bereits vergeben – an Wolfgang Wieland. So stellt man sich manchmal selbst Fallen und gerät in Zugzwang.

Enttäuschungen hängen immer davon ab, wie hoch man die Messlatte hängt. Verglichen mit der Aufbruchsrhetorik, dem Gute-Laune-Senat und dem neuen Politikstil muss sich niemand wundern, wenn man dem neuen Senat schon vor seiner Wahl einen Fehlstart attestiert.