Neue Farbenlehre in Frankfurt

Nach Saarbrücken wollen die Grünen auch in Frankfurt am Main eine Vereinbarung mit der CDU treffen. Mit dabei in dem Bündnis, das die Bezeichnung Koalition zu vermeiden sucht, ist auch die FDP. Der Ausbau des Flughafens bleibt weiter strittig

von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Schwarz-Grün kommt – unaufhaltsam. Nach Saarbrücken wird jetzt wohl auch Frankfurt am Main von CDU und Grünen regiert werden, vorbehaltlich der Zustimmung der Kreisverbände beider Parteien. In der Mainmetropole sitzt allerdings auch noch die FDP mit ihren vier Stadtverordneten mit im Boot. Die CDU bestand darauf. Für die Partizipation an der Macht und für die Chance, „grüne Politik vor allem im sozialen und im Umweltbereich auch umsetzen zu können“, so die grüne Schuldezernentin Jutta Ebeling gestern, haben die Grünen diese Kröte geschluckt. Für CDU und Grüne hätte es auch ohne FDP zur Mehrheitsbildung gereicht.

Leichter als in Saarbrücken haben es CDU und Grüne (und die FDP) in Frankfurt aber auch. Sie müssen nicht gegen einen Oberbürgermeister (OB) von der SPD regieren. Die im Frühjahr wieder direkt gewählte OB Petra Roth gehört der Union an. Bis zuletzt haben vor allem die Grünen versucht, ihr Ersatzmodell von der ganz großen Römerkoalition aus CDU, SPD und Grünen zu realisieren. Doch nach der letzten Verhandlungsrunde am Dienstagabend erklärte die SPD am Mittwoch definitiv ihren Verzicht. Weil sich CDU und Grüne in bilateralen Verhandlungen längst auf die Grundlagen für eine feste Zusammenarbeit verständigt hätten, seien die Sozialdemokraten mit ihren kontroversen Themen etwa zur Stadtentwicklung oder zur geplanten Privatisierung der Messe nicht mehr zum Zuge gekommen, monierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Frey. CDU und Grüne bestreiten das. Beide Parteien seien offen für ein Bündnis auch mit der SPD gewesen, sagten Ebeling (Grüne) und der CDU-Kreisvorsitzende Udo Corts gestern übereinstimmend. Die SPD hätte sich wohl aus innerparteilichen und strategischen Gründen „aus der Verantwortung für die Stadt zurückgezogen“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Becker.

Tatsächlich stand die SPD vor der Zerreißprobe. Vor mehr als einem Jahr hatten die Frankfurter Sozialdemokraten die große Koalition mit der CDU aufgekündigt: wegen der Schwarzgeldaffäre der hessischen Union, in die auch Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) verstrickt war. Vor allem die Linken in der SPD wehrten sich deshalb in den vergangenen drei Monaten gegen eine Neuauflage dieser großen Koalition, trotz der von der CDU avisierten Einbindung der Grünen. Eine richtige Koalition sei das aber nicht, wurden sowohl Ebeling (Grüne) als auch Corts (CDU) gestern nicht müde zu betonen. Schließlich seien die drei Partner auf den Politikfeldern, auf denen keine Einigung erzielt wurde, frei in ihrem Abstimmungsverhalten im Stadtparlament. CDU und FDP sind etwa weiter für den Flughafenausbau – und die Grünen dagegen. Schon gestern kündigten Ebeling und Fraktionschef Lutz Sikorski die Einbringung eines Antrags an, der auf die Beschreitung des Klageweges gegen alle Ausbauvarianten abzielt. Weil der aber nicht die von dem neuen Dreierbündnis „fest vereinbarten 88 Punkte“ (Corts) tangiert, dürfen CDU und FDP im Römer dagegen stimmen. Während Corts sich noch zierte, einige der 88 Punkte aus dem Einigungsvertrag zu benennen, legte Ebeling die „grünen Verhandlungserfolge“ offen. So sei das Amt für multikulturelle Angelegenheiten ebenso gestärkt worden wie das Drogenreferat. Auch die Selbsthilfegruppen bekämen mehr Geld. Und die Armutsbekämpfung stehe ganz oben auf der Agenda von CDU, Grünen und FDP. Die Grünen sollen – neben dem Schuldezernat von Ebeling – ein weiteres hauptamtliches Magistratsmitglied stellen dürfen; und auch die kleine FDP wird im Magistrat vertreten sein. Ob das Ganze der grünen Basis gefällt, wird sich am Montagabend erweisen. Zu diesem Termin hat die Parteiführung zur Kreisversammlung geladen.

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