Das Bausatz-Bad

■ Zehn Jahre und immer nur das eine Bad – das Design-Labor Bremerhaven zeigt Wege, wie die Dusch- und Wannen-Anordnung niemals langweilig wird

Am schrecklichsten an alten Mietshäusern aus den Siebzigern sind meistens die Badezimmer. Sie gleichen rosa Wattewölkchen, oder sie sind depressionsauslösende Höhlen in Violett und Dunkelbraun. Oder schlimmer. In wieder anderen ranken psychedelische Tropfenblumen die Wände entlang. Kurzum: Das Bad ist ein Graus für Neumieter und -eigentümer. Ein solches hoch sensibles Areal umzubauen, heißt nicht einfach mal eben die Wände neu streichen, es ist hochkompliziert, ein riesiges Chaos und sehr teuer.

Der Sanitätshersteller „Koralle“ aus Vlotho wandte sich deshalb nach Bremerhaven, an die Studenten im Design-Labor, und gab ihnen den Auftrag, ein langlebiges Badezimmerkonzept zu entwickeln. Jahr für Jahr bekommt eine Handvoll Design-Studenten aus aller Welt in den Räumen des alten Stadtbades Bremerhaven die Möglichkeit, ihren Kreativitätsschüben eine Form zu geben. Die Aufträge dazu kommen von Firmen wie Frozen Fish International, Siemens, dem italienischen Mosaikhersteller Trend SPA oder eben Koralle.

Die Arbeitsgruppe für die Bäder der Zukunft leitete der in London und Bologna tätige Industriedesigner Sebastian Bergne. „Wir haben uns zunächst einmal überlegt, wie Menschen ihr Bad eigentlich nutzen. Das Bad wird immer mehr zu einem Ort zum relaxen, mit einem sozialen Aspekt, weil man sich morgens dort trifft“, erklärt Bergne die Rechercheschritte der Gruppe. „Kinder wachsen mit dem Bad auf und deshalb sollte es flexibel sein.“

Die Endergebnisse der Arbeitsgruppe heißen „plug it“, „tube“ und „frame“. Hinter „plug it“ verbirgt sich eine mobile transparente Wand aus Hartplastik. Sie ist praktisch der Wasseranschluss. Das Wasser fließt durch sichtbare Rohre in der Wand; ebenso kann durch die Lichtröhren in ihr das Bad eindrucksvoll illuminiert werden. Die Wand kann überall stehen, mit anderen Wandelementen zusammengesteckt, frei oder in einer Ecke platziert werden. „Plug it“ hat Steckplätze integriert, in die dann Wasserhähne und Abflussrohre eingepasst werden. Passend zur Wand gibt es - „tube“ – ein freistehendes Waschbecken. Es fläzt, ebenso wie die Badewanne, auf einem vierbeinigen Metallgestell. Vorteile des Konzeptes: Man spart sich teures Versetzen von Wänden. Theoretisch kann man jede Woche seine Dusche umstecken. Nachteile: Schwarzes Wasser läuft in der Wand ab, wenn sich Kinder ihre schmutzigen Pfoten waschen. Außerdem müssen die Kacheln aus den Siebzigern trotzdem ab. Und, nicht zu vergessen: Die Metallgestelle erinnern an Krankenhaus oder die spartanische Ausstattung in Vertreterhotels. Etwas gefälliger sind da die „frame“-Möbel, zierliche Kästen mit einem Rahmen aus Holz. Die Außenwand der Badewanne ist transparent, so dass hier mit der Beleuchtung gespielt werden kann. In zwei Wochen präsentieren die Studenten ihre Entwürfe dem Auftraggeber. Geht dann der Daumen hoch, wird produziert. Oder eben nicht.

Dieses Risiko gehen aber alle Entwürfe des Design-Labors ein. Im Mittelpunkt der aktuellen Präsentation der Projekte 2000/2001 stehen die Hafenprojekte. Im Auftrag des Senators für Wirtschaft und Häfen versuchten die Studenten, mit ungewöhnlichen Ideen die Bremerhavener Häfen touristisch aufzumotzen. Die Deichliege, die sich dem Körper anpasst, oder die Strandeier, die Sitzplätze mit Windschutz bieten, haben noch die besten Chancen. Dagegen dürfte ein Container-Hotel auf Pfählen im Überseehafen wohl den finanziellen Bogen überspannen.

Aber wen stört das, wenn man in sich in seiner „tube“ aalen und denken kann: „Also morgen, da werde ich mal auf der Südseite baden.“

Susanne Polig