Freispruch im Fall des polnischen Punks

Berufungsprozess bestätigt Urteil. Keine Opferrente für Krystian W., der seit dem Vorfall schwer behindert ist

Mit einem Freispruch endete gestern vor dem Landgericht der Berufungsprozess im Fall des polnischen Punks Krystian W., der im Juli 1999 bei einer Auseinandersetzung mit dem deutschen Bauarbeiter Ronny K. auf dem S-Bahnhof Greifswalder Straße von einer fahrenden S-Bahn überrollt worden war. Mit dem Urteil folgte das Gericht der erstinstanzlichen Entscheidung.

Unstrittig war nach Ansicht aller Prozessbeteiligten lediglich, dass Krystian W. und seine Freunde aus der Punkszene zunächst von Ronny K. und dessen Begleitern mit rechten Sprüchen wie „Scheißzecken“ und „Polackenschwein“ angepöbelt wurden. Eine Stunde später trafen die Gruppen auf dem S-Bahnhof Greifswalder Straße wieder aufeinander. Die widersprüchlichen Aussagen der Zeugen über den weiteren Verlauf wertete das Gericht zugunsten des Angeklagten. Der habe den Streit weder angefangen noch den Punk mit Absicht vor die einfahrende S-Bahn gestoßen. Vielmehr habe Krystian W. die Auseinandersetzung gesucht und als Erster zugeschlagen. Der wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Angeklagte habe sich allenfalls gewehrt.

„Hier wird das Opfer noch im Nachhinein zum Täter gemacht“, kommentierte ein Vertreter des Polnischen Sozialrats. Rechtsanwalt Stephan Werle, der Krystian W. als Nebenkläger vertrat und Ronny K.s Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt hatte, zeigte sich von der Beweiswürdigung enttäuscht. So blieb unberücksichtigt, dass Ronny K. noch im Januar 2000 einen Angolaner auf einem S-Bahnhof rassistisch beleidigt und angegriffen hatte. Für Krystian W., der durch den Sturz ein Bein und einen Arm verloren hat, bedeutet das Urteil, dass er keine staatliche Opferentschädigung erhalten wird. Auch ein Bleiberecht aus humanitären Gründen wurde ihm bisher verweigert. HEIKE KLEFFNER