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: JENNI ZYLKA über Nahverkehr-Fernverkehr-Fernsehen

Nie wieder flimmerfrei U-Bahn-fahren!

„Ist ja echt ne Show, ein Taxi mit TV!“, dieser ballinische Wackelreim klebte vor Jahren an ein paar Berliner Taxis. Zur Internationalen Funkausstellung hatte man eine Auswahl an Wagen (vielleicht die mit ganz besonders unfreundlichen Taxifahrern) mit Fernsehern ausgestattet: klitzekleine Bildschirme, die irgendwo aus der Gegend des Steuerknüppels in Richtung Rückbank schauten.

Das Zuschauen machte allerdings keine große Freude. Erstens war der Empfang bescheiden, denn so ein Taxi zeichnet sich dadurch aus, dass es viel herumfährt. Und zweitens ist es ein zweifelhaftes Vergnügen, die 2.30-Uhr-Wiederholung von „Emmanuelle in Afrika“ ausgerechnet mit einem bulligen Taxifahrer genießen zu dürfen.

Aber der Fahrgast als potenziell Gelangweilter (vielen Menschen wird blümerant, wenn sie im Auto oder in der U- und S-Bahn lesen) war erschlossen. Und wurde seitdem weiterhin zugeflimmert: „Info Screen“ hängt seine Videoleinwände und Fernseher in allen deutschen Großstädten aus, und seit dem letzten Sommer bespielt das „Berliner Fenster“ die hauptstädtischen U-Bahnen. Standbilder von Bands, die abends in irgendwelchen Clubs auftreten, wechseln sich mit der Beschreibung ihrer Musik ab („toller Dance-Sound“), was so ganz ohne hörbaren Sound besonders viel Phantasie von den für ihre Vorstellungskraft berühmten BerlinerInnen verlangt. Dazwischen laufen surrealistische Filme wie „Mutti joggt“: einem kleinen Jungen fällt, nachdem seine Mutti aus dem Haus gejoggt ist, ein, dass sie ihm doch bitte Milch für das Frühstücksmüsli mitbringen möge. Er falzt einen Papiervogel aus seinem Einkaufszettel, und der erreicht die schwitzende Mutti auch noch rechtzeitig für einen Besuch im Kaiser’s-Supermarkt.

Dit ist Berlin, wie et leibt und joggt. Aber man soll sich nicht beschweren. Immerhin hätte die BVG sich auch für Wiederholungen der Georg-Gaffron-Talkshow auf TVB entscheiden können. Mit Ton.

Gerdezu rührend dinosaurieresk erinnert das „Berliner Fenster“-Programm so an diese komischen Kinowerbungs-Dias von „Restaurants in Ihrer Umgebung“. Von einer Zeitansage hätte man mehr. Auf den „Info Screen“-Bildschirmen war man hingegen so bedacht, zur Unterhaltung der Fahrgäste etwa „Mordillo“-Comics anzubieten: Die funktionieren sogar ohne Ton. So können sie auch von den zugedröhntesten Nachtschwärmern verstanden werden.