Prüfen und testen, bis es kracht

Wenn die Stiftung Warentest Fahrräder unter die Lupe nimmt, sind oft viele Hersteller alles andere als erfreut

„In Wirklichkeit brechen natürlich nicht fast 40 Prozent aller Fahrräder.“ So kommentiert Fahrradprüfer Manfred Otto die neuesten Ergebnisse der Stiftung Warentest (test 5/01). Heuer hatte sie sich 22 Mountainbikes und Cross-Trekkingräder vorgenommen. 9 blieben auf der Strecke. Ein wenig schmeichelhaftes Ergebnis für die Fahrradbranche, die schon lange ein gespaltenes Verhältnis zu den Prüfern der Nation hat.

Seit Jahren wird die Stiftung von der Fahrradindustrie angegangen. Die Tests seien zu realitätsfern und für die Hersteller nicht nachvollziehbar. Doch wenn gute Qualität bescheinigt wird, ist alles in Butter. Lässt sich doch mit dem Label und einem guten Prädikat leicht die Werbetrommel rühren. Für Manfred Otto, der ein eigenes Fahrradprüflabor betreibt, sind die Tests „unstrittig und sinnvoll“. Doch auch er als Experte, früher selbst Mitglied im Stiftungsbeirat für Fahrradtests, hat Kritik: Er bemängelt, dass etwa bei Belastungstests die Methode nicht offen gelegt würde, was den Herstellern „keinen fachlich verwertbaren Nachweis zur Verbesserung ihres Produkts bringt“.

Diesen Nachweis könnten einige Firmen jedoch gut gebrauchen. So erhielten 2 der 15 MTBs die Note „mangelhaft“: Am Centurion Backfire 800 brach nach 10.000 Kilometern der Lenker, was den Hersteller zu einer Rückruf- und Austauschaktion veranlasst hat. Und beim Giant ATX Suspension machte der Rahmen beim Belastungstest auf dem Prüfstand schlapp.

Drei weitere Modelle: „ausreichend“. Beim Corratec Free Ride hielt der Rahmen nicht stand, wenn die Sattelstütze ganz ausgezogen war und somit höhere Kräfte auf den Rahmen wirkten. Beim Bergamont Virus Race und beim KTM Ultra Ride brachen die Sattelstützen. Die Tester berücksichtigten mit ihrer geringen Abwertung, dass der Defekt erst nach 15.000 Kilometern auftrat.

Doch am guten Bike bricht kein Teil. Das meint auch Manfred Otto, der Hersteller und Zulieferbetriebe zu mehr Qualitätsmanagement auffordert. Glaubt man dem Fahrrad-Sachverständigen Rainer Mai, den der Spiegel (23/2001) zitiert, wird diese Forderung zumindest bei der deutschen Fahrradindustrie eher auf taube Ohren stoßen. Denn Velos dürfe hier zu Lande jeder bauen, „auch jemand, der davon gar nichts versteht“.

Aber offensichtlich gibt es auch Hersteller, die es können. MTB-Testsieger wurde das 2.000 Mark teure Simplon Laser (Note 1,7). Die Testfahrer bewerteten es in puncto Komfort und Fahreigenschaften sowohl im Gelände als auch auf befestigten Wegen am besten. Aufs Treppchen fuhren noch das Scott Navajo und das Specialized Rockhopper (beide 2,0 und mit circa 1.600 Mark etwas günstiger als der Sieger).

Bei den sieben Cross-Trekkingrädern steht das Hercules Cheetah ganz oben (2,0). Das 1.500 Mark teure Bike eignet sich vor allem für Fahrten auf unbefestigten Wegen. Das gilt nach Ansicht der Tester für alle Cross-Trekkingräder, die ohne Straßenausstattung nur „geländetauglich geschminkte Alltagsräder“ seien. Auf zwei Modellen dieser Kategorie sollte man lieber nicht Platz nehmen: Beim Scott Atacama Tour brach schon nach 5.000 Kilometern die Sattelstütze, beim Trek 7300 FX gab die Sattelklemmung nach 2.000 Kilometern ihren Geist auf.

Positiv bleibt noch zu erwähnen, dass fast alle geprüften Modelle in Sachen Bremsen, Schaltungen, Fahrkomfort und Einstellung gut abschnitten. Klar dürfte sein: Der nächste Fahrradtest kommt bestimmt. Und das sei auch notwendig, meint Manfred Otto. „Denn es geht ja letztendlich um Qualitätssicherung.“

KLAUS KONIEZKA