was bisher geschah

„Und das ist gut so“

Vier Monate lang begannen die Artikel in den lokalen Zeitungen mit dem immer gleichen Satz: „Die SPD hat den Druck auf ihren Koalitionspartner CDU erhöht.“ Was darauf folgte, war meist ein Zitat aus dem Munde des SPD-Fraktionvorsitzenden im Abgeordetenhaus, Klaus Wowereit. Seit Anfang Februar die Parteispendenaffäre um CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky aufgekommen war, trieb Wowereit den Konflikt immer weiter. Die Berliner Parteifreunde folgten ihm erst zögernd, dann zunehmend begeistert vom wiedergewonnenen Selbstbewusstsein ihrer Partei. Anfang April stärkte ein Parteitag dem Fraktionschef, der ultimativ den Rücktritt Landowskys forderte, einstimmig den Rücken. Einen Monat danach beugte sich der CDU-Politiker dem Willen des Koalitionspartners – ein Erfolg für Wowereit. Aber die Union reagierte zu spät, um die Koalition noch zu retten. Als sich CDU und SPD vorige Woche zur letzten Krisenrunde trafen, hatte Wowereit den Antrag zur Parlamentsauflösung bereits formuliert. Am Sonntag wählte ihn ein Sonderparteitag zum Kandidaten für das Bürgermeisteramt – wiederum einstimmig. Besonders herzlichen Applaus erhielt Wowereit, als er sich am Ende seiner Nominierungsrede outete: „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“ Solche klaren Worte hatte noch kein Spitzenpolitiker gefunden. Den Kandidaten, den zuvor kaum jemand kannte, machten sie mit einem Schlag bekannt. Geschadet hat ihm das Outing jedenfalls nicht: Nach einer Forsa-Umfrage haben 84 Prozent der Deutschen nichts gegen einen schwulen Bürgermeister in Berlin.

FOTO: FABRIZIO BENSCH/REUTERS