Diepgen stürzte per Knopfdruck

Die Wahl von Klaus Wowereit (SPD) zum Regierenden Bürgermeister besiegelte den Machtwechsel in Berlin. Die CDU sprach vom „schwärzesten Tag seit dem Mauerbau“. Peter Strieder erhielt bei seiner Wiederwahl die wenigsten Stimmen

von ANDREAS SPANNBAUER

Klaus Wowereit antwortet nicht. Ob er die Wahl zum Regierenden Bürgermeister annehme, will Parlamentspräsident Reinhard Führer von ihm wissen. Der 47-Jährige im grauen Anzug nickt nur leicht. Um 14.58 besiegelt er an diesem Samstag den Machtwechsel im Roten Rathaus.

In der vorangegangenen geheimen Abstimmung hat Wowereit aus den Reihen von SPD, PDS und Grünen 89 der 169 abgegebenen Stimmen erhalten. Zwei Abgeordnete enthalten sich. Im Gegensatz zu der Neuwahl des Regierenden Bürgermeisters, die per Stimmzettel abgewickelt wird, ist Wowereits Vorgänger Eberhard Diepgen von den Abgeordneten per Knopfdruck in den Ruhestand geschickt worden. Nur noch einmal, kurz, tritt Diepgen an das Rednerpult, bedankt sich für die Jahre, in denen er „für die Stadt arbeiten durfte“. Erstmalig seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist ein Regierender Bürgermeister durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Im Anschluss werden auch die CDU-Senatoren abgewählt. Der CDU-Abgeordnete Andreas Apelt warnt noch einmal vor einem Zusammengehen mit der PDS. „Haben wir dafür gekämpft, dass Mauer und Stacheldraht wieder gerechtfertigt werden?“, fragt der ehemalige Landesvorsitzende des Demokratischen Aufbruchs. Doch es will nichts nützen: Wowereit bekommt die nötigen Stimmen.

Dann stimmt das Parlament über den neuen Senat ab. Nur der Form halber erklären zuvor die bisherigen SPD-Senatoren ihren Rücktritt. Doch zu diesem Zeitpunkt ist längst klar: Die SPD-Senatoren Klaus Böger (Schule), Gabriele Schöttler (Arbeit und Soziales) sowie Peter Strieder (Stadtentwicklung) behalten ihre Ressorts. Strieder erzielt allerdings mit 85 der abgegebenen Stimmen das schlechteste Ergebnis. Die Grünen stellen die Senatoren für Justiz (Wolfgang Wieland), Kultur (Adrienne Goehler) sowie Wirtschaft (Juliane Freifrau von Friesen). Finanzsenatorin wird Christiane Krajewski (SPD), von 1994 bis 1999 Finanzministerin im Saarland.

Die CDU-Fraktion fordert noch am gleichen Tag schnelle Neuwahlen. Der von der PDS tolerierte Senat habe keine Legitimation, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Steffel. „Das ist der schwärzeste Tag Berlins seit dem Mauerbau.“ Klaus Wowereit kann das nicht mehr beeindrucken. Um 18.07 schwört er seinen Amtseid. Später kommt der Senat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.