An der Pforte zum heiligen Reich

■ Ausländeramt: „Manchmal denke ich, das ist nicht Deutschland“

Ein schäbiger Mehrzweckbau mit einer Billiard-Spielhölle und Sonnenstudios mitten im Gewerbegebiet an der Pfalzburger Straße. Kippen auf der Treppe, Unmut in den Gängen. So sieht also die Pforte ins heilige Einwandererreich Deutschland aus. Aber es gibt auch Gefühle in den Hallen, viele Gefühle: „Wenn das Kind vor dem Flieger nach Afrika steht und fragt, ob es jetzt zu den Tigern müsse, schießen einem schon die Tränen in die Augen.“ Wenn Uwe Papencord, der berüchtigte Chef der Bremer Abschiebungstruppe, das so glaubhaft sagt, könnte man fast Mitleid mit ihm bekommen. Aber hier, in den Räumen des Ausländeramts, geht es nicht um Mitleid. Hier zählen nur Gesetze, Verordnungen – und ein bisschen Ermessensspielraum.

Aufenthaltserlaubnis, Duldung, Stempel, Visa, Asyl, Bleiberecht – wohl keiner der täglich rund 250 „Kunden“ versteht vor lauter Kauderwelsch wirklich, warum er hermuss. Aber macht nix, schon um sechs Uhr früh stellen sich die Ers-ten geduldig in die Schlange. Das ist auch nötig, weil es sonst vielleicht keine Nummer mehr gibt. Das heißt für heute kein Stempel, im Land der Dichter und Denker. Eine dunkle stickige Halle, braune Plastikstühle, Neonröhren, kein Tageslicht. Wer die Bunkeratmosphäre nicht aushält, kann ja gehen.

Besser nicht. Es geht doch nur um ein paar Stempel. Viele nehmen extra Urlaub, um einen Platz im deutschen Paragraphenhimmel zu bekommen. Wie der Türke Fasik Y. Er war schon fünf Mal hier. Heute steht er schon seit vier Stunden hier. „Manchmal denke ich, ich bin nicht in Deutschland“, sagt er. Die Mitarbeiter „behandeln uns wie Bauern, wenn wir uns wehren, gibt's Probleme.“ Jean B. wird seit Stunden von Pontius zu Pilatius geschickt, weil er für seine Schwester in Ghana herausfinden will, wieso sie kein Visum bekommt. Er meint nur: „Die Frage ist nicht, wie sie einen behandeln – sondern wie man am schnellsten hier wieder rauskommt.“

Aber es gibt auch positive Stimmen: „Ich würde denen hier die Note drei geben“, meint Martin S., der seine thailändische Frau beim Visum-Verlängern begleitet. „Wir haben nur sechs Stunden gewartet – in Trier war es schlimmer.“ Auch die Mitarbeiter findet Martin S. „anständig. Die sind völlig überlas-tet. Ich frage mich, wie die hier die Nerven behalten sollen.“

Und natürlich wird es oft ganz schön brenzlig. Gewalt und Gefühle, die raus müssen. Deshalb gibt es auch einen Mann vom Wachschutz, die Mitarbeiter-Zimmer haben keine Türklinken, sondern meistens Knäufe. Aber Gewalt und Gefühle sind hier fehl am Platz – schließlich geht es im Ausländeramt nur um eins: Gesetze, Verordnungen – und um ein bisschen Ermessensspielraum. ksc