BAYERN IST GEGEN DOSENPFAND – WEIL STOIBER KANZLER WERDEN WILL: Blechbüchsenritt nach Berlin
Eigentlich hätte Edmund Stoiber auf einer Pressekonferenz verkünden können: Ja, angesichts der aktuellen politischen Situation stelle ich mich nach reiflicher Überlegung und intensiver Zwiesprache mit meiner Frau der Herausforderung und kandidiere für das Amt des Bundeskanzlers.
Doch wie immer, wenn es gilt, wichtige Entscheidungen an die Öffentlichkeit zu bringen, geschieht das in Bayern durch die Hintertür – diesmal durch die anstehende Entscheidung im Bundesrat über eine Zwangsabgabe auf Dosen. Edmund Stoibers Regierung hat einen eindeutigen Beschluss des bayerischen Landtags für ein Dosenpfand gekippt – einen Beschluss, dem auch zahlreiche CSU-Abgeordnete zugestimmt haben.
Was aber hat die Anti-Dosenpfand-Entscheidung mit der Kanzlerkandidatur zu tun? Sehr viel, denn niemals sonst würde der als berechnend geltende Landesfürst seine Stammklientel so gnadenlos vor den Kopf stoßen, wie er es jetzt mit den mittelständischen Brauereien macht. Dass Stoiber nur dem rot-grünen Umweltminister Trittin eins auswischen will, ist nicht anzunehmen. Zu sehr hatten sich die bayerischen Brauereien auf „ihre“ CSU verlassen, die seit zehn Jahren verspricht, sich für den Erhalt des Mehrwegsystems einzusetzen.
Würde eine Standortentscheidung einer großen Handelskette oder eines Dosenherstellers anstehen, wäre der radikale Schwenk der bayerischen Staatsregierung noch nachvollziehbar. Aber Handelsriesen, Dosenhersteller und Großbrauereien sitzen in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen. Die Stoibersche Rücksicht auf die Dosenlobby muss andere Gründe haben. Schließlich sind aus Brauerkreisen harsche Töne, wie „Existenzvernichter CSU“, zu hören; gleichzeitig unterstützen mehr als Dreiviertel der Bevölkerung das Dosenpfand, wie Umfragen belegen.
Wenn Stoiber jetzt plötzlich die Anti-Dosen-Allianz aufkündigt, dann wegen seiner bundespolitischen Machtgelüste. Er präsentiert sich damit den Großunternehmen als Wirtschaftslobbyist. Mit diesem Schritt hat Edmund Stoiber, mehr noch als mit seiner Pressestelle in der Bundeshauptstadt, unmissverständlich angekündigt, wohin ihn seine Karriere führen soll: nach Berlin. KLAUS WITTMANN
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