Berlusconi spielt den Staatsmann

Italiens neuer Ministerpräsident zeigt in seiner Regierungserklärung aber auch den Willen zur Veränderung des Landes

ROM taz ■ Mit der Regierungserklärung Silvio Berlusconis vor dem Senat begann am Montagabend die Vertrauensdebatte des italienischen Parlaments. Das für heute geplante Votum der Senatoren wird angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse so wenig Überraschungen bringen wie die in den nächsten Tagen anstehende Abstimmung im Abgeordnetenhaus. Überraschungen bot auch Berlusconis Rede nicht. Wie immer seit seinem Wahlsieg vor gut einem Monat gefiel sich der neue Ministerpräsident in der Rolle des moderaten Staatsmanns und verneigte sich vor der Opposition, der freien Presse und der Justiz. Zugleich aber unterstrich er seinen Willen, „Italien zu verändern“ und binnen zehn Jahren Wirtschaft, Staat und Gesellschaft umzubauen.

Zentrale Stichworte der anstehenden „Revolution“ sind Effizienz, Flexibilität, Subsidiarität. Effizienter soll Italiens Wirtschaft werden, gefördert durch Steuererleichterungen auf reinvestierte Gewinne sowie durch eine staatliche Innovationsoffensive. Und natürlich durch die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, sprich durch Aufweichung des Kündigungsschutzes und Zurückdrängung der Gewerkschaftsmacht. „Einige Rechte“ der Gewerkschaften seien durchaus erhaltenswert, doch man dürfe keinesfalls „einer statischen und korporativen Vision gewerkschaftlichen Schutzes nachgeben“, so Berlusconi. Unter dem Stichwort Subsidiarität schließlich soll die Reform der Gesundheits- wie auch der Schulpolitik erfolgen: Die Rechtskoalition verkündet damit nicht bloß die Förderung, sondern den programmatischen Vorrang privater Schulen und Krankenhäuser vor staatlichen.

Subsidiarität soll auch das Verhältnis zwischen Staat und Regionen im föderalen Umbau des Landes prägen. Zugleich aber kündigte Berlusconi als Gegengewicht zur vom Koalitionspartner Lega Nord betriebenen Dezentralisierung die Schaffung eines Präsidialregimes an. Ihm obliege die „Wahrung der Einheit des Landes“. Für das Parlament bleibt in dieser Vision unter einem dann vom Volk direkt gewählten Präsidenten Berlusconi nicht mehr viel zu tun: Es soll sich mit einer „Kontrollfunktion“ gegenüber der Exekutive bescheiden. MICHAEL BRAUN