Bayerns Brauer schäumen

Erstaunliches im Freistaat: Brauer protestieren gemeinsam mit SPD und Grünen gegen die Staatsregierung. Die soll sich an den Landtagsbeschluss halten, dem Dosenpfand zuzustimmen

aus München KLAUS WITTMANN

Hinter den Kulissen tobte bis zur sprichwörtlichen letzten Minute der Machtkampf. Mit allen Mitteln versuchte die CSU, die mittelständischen bayerischen Brauereien von einer Teilnahme an der Münchener Dosenpfand-Demonstration abzuhalten. Schließlich handelt es sich bei den Braumeistern um eine klassische CSU-Klientel. Und dass diese bei einer von den Grünen und der SPD initiierten Protestveranstaltung auftreten – undenkbar im blauweißen Freistaat. Doch es half alles nichts. Auch wenn die Front der Dosenpfandbefürworter zum Schluss leicht bröckelte – der zwei Kilometer langer Autokorso rollte gestern. Die Protestler übergaben der Staatskanzlei 46.000 Unterschriften, die in nur zehn Tagen gesammelt wurden. 20.000 weitere sollen in den nächsten Tagen folgen.

Als „Mogelpackung“ bezeichnete Grünen-Chefin Margarete Bause das von Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) vorgelegte Mehrwegsicherungskonzept – und bekam dafür von Brauereichefs kräftig Unterstützung. Sebastian Priller, der Chef der Augsburger Riegele-Brauerei, fühlt sich „von der CSU gehörig verschaukelt“. Aus seiner Sicht „sind die Vorschläge teuer, bürokratisch, nicht EU-konform“. Also schlicht „nicht diskutabel“. Jahrelang hätten sich sämtliche CSU-Umweltminister für das Dosenpfand ausgesprochen. „Der Schwenk jetzt ist nicht nachvollziehbar.“

Prillers Wort hat durchaus Gewicht in Bayern – er ist nicht nur Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer für Schwaben und Augsburg, sondern auch Beirat im Bayerischen Brauerbund. „Erklären kann ich mir das Verhalten der Staatsregierung nur so, dass man Fundamentalopposition gegen die Bundesregierung betreibt, und zwar auf dem Rücken der Brauer.“

Noch deutlicher formulierte seine Empörung einer der Väter der „Dosenfreien Zone Allgäu“, der Rettenberger Brauereibesitzer Herbert Zötler. „Ich finde es – ehrlich gesagt – zum Kotzen, was da abläuft. Und genau deshalb bin ich auch hier, um gegen diese Politik, diese Art von Demokratie zu protestieren.“ Ungewohnt scharfe Töne in Richtung der Partei, mit der es die bayerischen Brauer besonders gut können. Es sind knallharte Existenzsorgen, die Brauer und Getränkemarktbesitzer auf die Straße treiben.

Zötler ist überzeugt, dass in den nächsten Jahren mindestens 20 Prozent der bayerischen Brauereien dichtmachen müssen, wenn das Dosenpfand nicht kommt. Der Handel dränge immer mehr auf Einweg, weil damit Kosten für das Leerguthandling gespart werden können. Dass das bayerische Kabinett einen Mehrheitsbeschluss des Landtags für das Dosenpfand einfach gekippt habe, mache deutlich, dass „das ganze Gerede von der Förderung des Mittelstandes eben tatsächlich nur Gerede“ sei.

Der Präsident der mittelständischen Privatbrauereien, Hans Schinner, hatte zuvor vergeblich die bayerische Regierung aufgefordert, dem Willen der Abgeordneten zu folgen und dem Dosenpfand zuzustimmen. Ein Zwangspfand führe sicher zu einem Wiederanstieg der Anteile der Mehrwegflasche.

Am Abend vor der Münchner Demo sollen im Bayerischen Brauerbund regelrecht die Fetzen geflogen sein. Die Vertreter der Großbrauereien – und das ist in Bayern im Wesentlichen die Schörghuber-Gruppe (Paulaner, Eku, Thurn und Taxis) – hätten schließlich durchgesetzt, dass die offizielle Teilnahme an der Demonstration gekippt und statt dessen jedem Mitglied die Teilnahme freigestellt wurde. Dem Vernehmen nach soll es sogar Austrittsdrohungen großer Beitragszahler gegeben haben.

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