Färbt der schwarze Mann ab?

Die Frankfurter Grünen wollen nicht als Steigbügelhalter für Roland Koch gelten. Erst nach zwei Monaten Dauerdebatte soll über das schwarz-gelb-grüne Bündnis im Römer entschieden werden. Vereinbarte Projekte werden dennoch angeschoben

aus Frankfurt/Main KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Die knapp 200 Parteimitglieder auf der Kreisversammlung der Grünen in Frankfurt haben sich (vor-)entschieden: für ein kommunales Bündnis mit Union und FDP. Der Europaabgeordnete der französischen Grünen und frühere Dezernent für multikulturelle Angelegenheiten, Dany Cohn-Bendit, sorgte am Montagabend im Gewerkschaftshaus allerdings mit dafür, dass die Schlussabstimmung darüber erst im September stattfindet.

Er legte dem Auditorium einen Antrag vor, der darauf abzielte, in der Stadt zunächst eine Debatte über Sinn und Unsinn einer festen Zusammenarbeit zwischen Union und Grünen zu führen und erst danach eine Entscheidung zu fällen. Auch weil mit der CDU offenbar noch keine Einigung über Zuschnitt und Besetzung von zwei Dezernaten erzielt worden sei. Unter anderem weigert sich Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) bisher, das Kulturdezernat an die amtierende grüne Schuldezernentin Jutta Ebeling abzugeben.

Die Verhandlungskommission um Ebeling und den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Römer, Lutz Sikorski, der neuer Dezernent für Umwelt und Verkehr werden soll, integrierte den Antrag von Cohn-Bendit umgehend in den eigenen Leitantrag. Erst im Herbst soll also endgültig entschieden werden. Allerdings wurden die Parteimitglieder von Ebeling und Sikorski auch aufgefordert, den in den Verhandlungen mit CDU und FDP avisierten „88 Projekten“ sofort zuzustimmen. Die seien schließlich die programmatische Grundlage für das neue Römerbündnis; und ihre Akzeptanz durch die Partei die Voraussetzung für weitere Verhandlungen über die Dezernatsverteilung.

Exakt 99 Grüne stimmten dann gegen Mitternacht für den erweiterten Leitantrag der Verhandlungskommission. Das war knapp. Denn 80 Parteimitglieder votierten für den Gegenantrag einer Oppositionsgruppe um den Umweltschützer Thomas Schlimme. Darin wurde die Fraktion im Römer aufgefordert, mit wechselnden Mehrheiten zu operieren und auf gar keinen Fall mit der CDU zu koalieren. Schlimme und andere kündigten bereits ihren Parteiaustritt an. Das Bündnis von CDU, Grünen und FDP hat also den Segen der grünen Basis erhalten, vorbehaltlich einer Einigung auch in Personalfragen.

Der Abstimmung vorausgegangen war eine lange Debatte, in der zwar extrem kontrovers diskutiert wurde, bei der es aber nicht zu der vom ehemaligen hessischen Justizminister Rupert von Plottnitz befürchteten „Zerreißprobe“ für die Grünen kam. Zunächst lagen die Gegner einer Koalition mit der Union in Front. Mit ihren bösartigen Kampagnen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und gegen Joschka Fischer habe die „Schwarzgeld- und Flughafenpartei CDU“ das politische Klima nicht nur in Hessen vergiftet, konstatierte etwa die Stadtverordnete Sarah Sorge. Es gab viel Beifall für pointierte Ausfälle gegen die „grünen Steigbügelhalter für die Union“ bei deren Parforceritt an die Macht im Römer. Immer wieder ging es um die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Grünen: „Kein Mensch hätte uns doch gewählt, wenn wir vorher gesagt hätten, das wir mit der CDU koalieren wollen“, konstatiere ein „einfaches Parteimitglied“ verärgert. Eine Koalition mit der Union, wetterte auch Rupert von Plottnitz mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen, sei doch nur eine „Marscherleichterung für Roland Koch“.

Doch auch die schärfsten Kritiker mussten einräumen, dass die Grünen im Römer in den aktuellen Verhandlungen mit Union und FDP „inhaltlich mehr durchgesetzt haben als in allen früheren Koalitionsgesprächen mit der SPD“. Genau das hat die Basis wohl am Ende – knapp – überzeugt. Das Programm der drei Parteien, so Jutta Ebeling, zeichne sich durch eine „deutliche grüne Handschrift“ aus: „In der Umwelt- und Sozialpolitik; aber auch auf dem weiten Feld der Kulturpolitik.“ Dass die Gegner der Zusammenarbeit mit der Union keine Alternative parat hatten, schwächte ihre Position zusätzlich. Der Schlussappell vor der Abstimmung kam dann von Lutz Sikorski: „Wir sind dafür gewählt worden, Politik umzusetzen, und nicht dafür, uns gut zu fühlen.“ Mit der SPD reiche es halt nicht zu einer Mehrheit im Römer. Er jedenfalls habe „keine Angst vorm schwarzen Mann“, denn: „Da färbt nichts ab.“