Schminke am Morgen danach

Die Finanzminister probten schon mal das, was den Länderchefs ab morgen blüht: Streit beim Länderfinanzausgleich

BERLIN taz ■ Es war ungefähr die 23. Runde im Streit um den Bund-Länder-Finanzausgleich. „Keine Einigung in Sicht“ heißt das Ergebnis des Spitzentreffens zwischen Bundesfinanzminister Hans Eichel und seinen Ressortkollegen aus den Ländern, das in der Nacht zu Dienstag stattfand. Es ging um die Neuordnung der künftigen förderalen Finanzbeziehungen in Deutschland. Am Ende waren wieder nur die Streitparteien klar: Nehmer- gegen Geberländer, Geberländer gegen Stadtstaaten, Ost- gegen Westländer, der Bund gegen alle. „Von einem Kompromiss, den alle 16 Länder tragen können, sind wir noch sehr weit entfernt“, sagte Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU).

Strittig ist weiterhin die prozentuale Anrechnung der kommunalen Finanzkraft, die derzeit zu 50 Prozent einbezogen wird. Die Nehmerländer würden sie am liebsten auf 100 Prozent erhöhen. Strittig ist auch das Stadtstaatenprivileg sowie die Kernforderung der Geberländer, einen höheren Anteil der selbst eingezogenen Steuern einzubehalten. Offen ist außerdem wie die vom Bund angebotenen 1,5 Milliarden Mark jährlich in das Ausgleichssystem eingebaut werden sollen. Weit nach Mitternacht gingen die Finanzminister auseinander – ergebnislos.

Diesen Eindruck versuchten die Gesprächsteilnehmer gestern nachträglich zu übertünchen. So kündigten die Geberländer an, noch vor Donnerstag ein eigenes Modell vorzulegen. Hartmut Perschau (CDU), Finanzsenator des Nehmerlandes Bremen, wertete dies als Zeichen, „dass die Geberländer anfangen, sich konstruktiver an dem Prozess zu beteiligen“.

Derlei Schminke am „Morgen danach“ ist verständlich: Auf einer Sonderkonferenz wollen die Ministerpräsidenten der Länder ab morgen um eine Einigung ringen. In der Vergangenheit war es stets so, dass diese Runde sich zwar weniger detailliert mit der Materie befasste, ihr dafür aber größere Schritte gelangen. Diesmal allerdings sind Riesenschritte nötig: Die Runde ist erklärtermaßen der „letzte Einigungsversuch“. Am Samstag gehts zum Spitzengespräch bei Kanzler Schröder.

Immer mehr Schwierigkeiten bereitet der neue Solidarpakt, der gemeinsam mit dem Länderfinanzausgleich auf den Weg gebracht werden soll. Sachsens Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) vermasselte gestern alle Schminkversuche, indem er erklärte: „Die Auffassungen der ostdeutschen Länder und der Bundesregierung liegen meilenweit auseinander“. NICK REIMER