„Keine Abgrenzung“

Der Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann verteidigt die Zusammenarbeit der Bündnisgrünen mit der PDS: „Menschen können sich wandeln“

taz: Wie beurteilen Sie als Bürgerrechtler den Schritt von Konrad Weiß, die Grünen wegen ihrer Zusammenarbeit mit der PDS zu verlassen?

Wolfgang Ullmann: Ich bedaure das sehr. Schließlich haben wir gemeinsam die beiden Gründungstexte des Bündnis 90 entworfen – „Einmischung in eigener Angelegenheit“ und „Thesen zur Umgestaltung“. Aber ich sehe in seiner Entscheidung auch eine gewisse Folgerichtigkeit. Seine Äußerungen aus der letzten Zeit sind tatsächlich nicht mehr vereinbar mit dem, was wir damals formuliert haben.

Weiß spricht von „Verrat an den Idealen der friedlichen Revolution“.

Am runden Tisch saßen wir mit Gysi, Bisky oder Berghofer zusammen, in der frei gewählten Volkskammer ebenfalls. Das hat Konrad Weiß auch nicht als Verrat betrachtet. Heute vertritt er plötzlich eine Politik der Abgrenzung und des Hasses gegen den politischen Gegner. Ich weiß nicht, wie er das mit seinen christlichen Idealen vereinbaren will.

Was halten Sie davon, dass die Grünen mit den Stimmen der PDS in die Berliner Übergangsregierung gewählt worden sind?

Ich betrachte das als Erfolg. Jeder vernünftige Mensch muss zugeben, dass dieser Regierungswechsel nötig war. Wenn auch die PDS zustimmt, dann kann ich ihr das nicht verbieten.

Ist die SED-Nachfolgepartei zu einer Kraft geworden, an der Sie nicht mehr vorbeikommen?

Menschen können sich wandeln. Die PDS hat bereits eine ganze Menge Beweise dafür geliefert, dass sie sich vom Erbe der SED-Diktatur verabschieden will. Man muss den Menschen bis zum Beweis des Gegenteils glauben, dass sie es ernst meinen. Das gehört zu meinen moralischen Grundsätzen.

Eine Zusammenarbeit der Bündnisgrünen mit der PDS lehnen Sie also nicht mehr grundsätzlich ab?

Hier in Berlin geht es darum, wie wir das Haushaltsdebakel meistern. Wenn die PDS dazu etwas beizutragen hat – dann weiß ich nicht, wo die Schwierigkeiten für eine Zusammenarbeit liegen sollen. Was Herr Gysi in seiner Wahlplattform geschrieben hat, das lässt sich hören. Nun muss man sehen, wie das praktisch umgesetzt werden kann. Von antidemokratischen und totalitären Grundsätzen lese ich da jedenfalls nichts. Diese Debatte ist an den Haaren herbeigezogen.INTERVIEW: STEPHANIE VON OPPEN