Mehr Betriebsräte

Bei der Reform der Mitbestimmung einigt sich Rot-Grün auf letzte Details. Vereinfachtes Wahlverfahren auch für größere Betriebe

BERLIN taz ■ Am weitesten hängte sich IG-Metall-Chef Klaus Zwickel aus dem Fenster. Er fühle sich „von den Grünen getäuscht“, sagte er gestern, nachdem die letzte Feinabstimmung zur Reform der betrieblichen Mitbestimmung bekannt geworden war. Das Betriebsverfassungsgesetz soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden.

Die Kritik des obersten Metalles bezog sich vor allem auf eine Änderung am bisherigen Entwurf, der die SPD nur aus „Koalitionsnotwendigkeiten“ zugestimmt haben will: Auch künftig sollen Ausschüsse und andere Gremien des Betriebsrats nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Das ursprünglich geplante Mehrheitsverfahren hätte nach Ansicht der Grünen christliche Gewerkschafter und unabhängige Kandidaten, die in den meisten Betriebsräten in der Minderheit sind, gegenüber DGB-Gewerkschaftern benachteiligt. DGB-Vizechefin Engelen-Kefer protestierte, dass „nun wieder der starre Listenproporz zur Anwendung“ komme und man nicht „die kompetentesten Personen“ suchen könne.

Die anderen Änderungen entsprechen dagegen den Gewerkschaftsforderungen. Das neue vereinfachte Wahlverfahren, nach dem Betriebsräte schneller und billiger in zwei Wahlversammlungen statt über das übliche Urnenverfahren gewählt werden können, soll in Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten angewandt werden können. Bei 51 bis 100 Leuten müssen allerdings Wahlausschuss und auch Arbeitgeber zustimmen. Obwohl die Wirtschaftslobby bisher vehement gegen das Verfahren protestiert hat, glaubt SPD-Sozialexperte Klaus Brandner, dass die Zustimmung keine zu hohe Hürde sein muss. Schließlich habe „die Option das Ziel, die Kosten von Betriebsratswahlen zu minimieren“.

Ausgeweitet wird die Mitbestimmung bei „Weiterbildung zur Beschäftigungssicherung“. Hier muss der Arbeitgeber künftig Vorschläge von Betriebsräten sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung von entsprechenden Maßnahmen mit berücksichtigen.

Auch für die umstrittene Frauenquote (taz vom 6. 6.) haben die Fraktionen einen Kompromiss gefunden: Nun soll das Geschlecht, das in einem Betrieb in der Minderheit ist, mindestens mit dem gleichen Anteil im Betriebsrat vertreten sein wie in der Belegschaft. BEATE WILLMS