Teilerfolg für die iranischen Reformer

Der oberste religiöse Führer des Landes stimmt der parlamentarischen Kontrolle der staatlichen Medien zu

BERLIN taz ■ Das von Reformern dominierte iranische Parlament kann demnächst eine stärkere Kontrolle über die staatlichen Medien ausüben. Die Abgeordneten dürfen künftig den Haushalt der staalichen Rundfunk- und Fernsehanstalt (IRIB) prüfen. Im Konklikt zwischen Reformern und so genannten Konservativen ist der IRIB eine Bastion der Letzteren. Den liberalen Parlamentariern bietet sich nun die Chance, auf den Sender mit finanziellen Kontrollen Einfluss zu nehmen. Es war der konservative geistliche Führer Ali Khamenei selbst, der dies am Dienstag überraschend entschied.

Die jüngste Runde der schon länger schwelenden Kontroverse wurde am Sonntag im Parlament eingeleitet. Reformorientierte Abgeordnete verlangten das Einsichtsrecht in den Haushalt der IRIB und begründeten ihr Ansinnen damit, dass das Parlament der Anstalt ihr Budget zuweise. Demzufolge müssten die Parlamentarier auch berechtigt sein zu erfahren, wofür das Geld ausgegeben wird. Als der konservative Parlamentspräsident Mehdi Karrubi dies zurückwies, stürmten mehrere Abgeordnete empört aus der Sitzung. Karrubi zufolge ist nur Khamenei befugt, die Angelegenheit zu prüfen. Ein Sprecher der IRIB schloss sich der Meinung Kharrubis an.

Doch der religiöse Führer entschied überraschend zu Gunsten der Reformer. Nun soll vom Parlament, dem Schlichterrat und dem Wächterrat eine entsprechende Gesetzgebung vorbereitet werden. Der Wächterrat hatte bereits im Februar einen ähnlichen Vorstoß der Abgeordneten blockiert.

Parlamentssprecher Kharrubi und Ali Larijani, Präsident des linientreuen IRIB, beeilten sich nach dem unerwarteten Wort des geistlichen Führers, einen entsprechenden Schwenk zu vollziehen. Noch am gleichen Tag lobte Kharrubi den Schritt Khameneis, und Laridjani kündigte an, die IRIB werde mit dem Parlament zusammenarbeiten.

Die Medien sind einer der Bereiche im Iran, wo der Kampf zwischen Reformern und Konservativen besonders heftig tobt. Nach Angaben von Reportern ohne Grenzen sitzen derzeit 84 Journalisten im Gefängnis. Insofern ist die Entscheidung Khameneis, die den Abgeordneten das erste Mal eine Kontrollmöglichkeit über die IRIB gibt, ein wichtiger Erfolg für die Reformer. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der geistliche Führer sich nach dem jüngsten Erdrutschsieg des gemäßigten Präsidenten Mohammed Chatami selbst zu einem Reformer gewandelt hat. Khamenei hat bereits früher in Streitigkeiten zwischen Reformern und Konservativen eingegriffen, um zu verhindern, dass diese in eine regelrechte innenpolitische Schlacht ausarten. BEATE SEEL