Zwanzig Jahre Haft für Lori Berenson

Wegen Guerilla-Unterstützung wurde die US-Amerikanerin in Peru erneut verurteilt. Sie erklärt sich für unschuldig

BUENOS AIRES taz ■ Die in Peru auf Grundlage von Anti-Terror-Gesetzen inhaftierte US-Amerikanerin Lori Berenson ist am Mittwochabend in Lima zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die 31-Jährige an einer „terroristischen Verschwörung“ der linken Guerilla „Revolutionäre Bewegung Tupac Amaru“ (MRTA) beteiligt war. Die MRTA hatte 1995 geplant, den peruanischen Nationalkongress zu besetzen, die Abgeordneten als Geiseln zu nehmen und gegen inhaftierte Guerilleros einzulösen. Nach Ansicht der Richter habe Berenson ein konspiratives Haus für den Überfall gemietet und als Journalistin getarnt die Räumlichkeiten des Kongresses erforscht.

„Ich bin keine Terroristin, ich verurteile Terrorismus“, sagte Berenson in ihrem Schlusswort nach der Urteilsverkündung und beteuerte ihre Unschuld. Ihre aus New York angereisten Eltern und ihr peruanischer Anwalt wollen gegen das Urteil vor den Obersten Gerichtshof und den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.

Berenson bestreitet nicht, das Haus gemietet zu haben, in dem 1995 ein MRTA-Kommando gefasst wurde. Aber sie gab an, nichts davon gewusst zu haben, dass es sich bei ihren Mitbewohnern um MRTA-Leute handelte. Inhaftierte Guerilleros bestätigten im Zeugenstand Berensons Darstellung. Anders die Version des Hauptbelastungszeugen Pacífico Castrellón. Er behauptet, Berenson habe ihn in Ecuador dem damaligen Kopf der MRTA, Nestor Cerpa, vorgestellt. Berenson bezeichnet dies als „Lüge.“ Castrellón ist selbst wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt und hofft auf Milde in einem neuen Prozess.

Berenson war 1995 nur sechs Wochen nach ihrer Festnahme von einem Militärgericht zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt worden. Ihrem Anwalt war es damals nicht gestattet, die Zeugen zu befragen, und die Richter saßen hinter verdunkelten Scheiben. Doch ein neuer Prozess, auf den Menschenrechtsorganisationen und die US-Botschaft sofort gedrängt hatten, wurde erst möglich, als sich der damalige Präsident Alberto Fujimori davon eine Verbesserung seiner Beziehungen zu den USA erhoffte.

Zwar verlief dieses zweite Verfahren wesentlich fairer. Doch die Grundlage hat sich nicht geändert, denn die unter Fujimori verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze sind noch immer in Kraft. Die gegenwärtige Übergangsregierung hat die Gesetze für verfassungswidrig erklärt, aber noch nicht gestrichen.

Lori Berenson ist in Peru kein Einzelfall. In peruanischen Gefängnissen sitzen über 700 Gefangene, die wie Berenson nach den Anti-Terror-Gesetzen in Schnellverfahren verurteilt sind und die seit Jahren um einen fairen Prozess bitten. INGO MALCHER