Ein Zeichen gegen die Todesstrafe

In Straßburg findet ein internationaler Kongress gegen Hinrichtungen statt. Hauptangeklagte sind China und die USA. Gegenwärtig werden in 86 Staaten Menschen exekutiert. Doch es gibt auch Fortschritte im Kampf gegen die barbarische Strafe

aus Paris DOROTHEA HAHN

Beim ersten internationalen Kongress gegen die Todesstrafe, der gestern in Straßburg eröffnet wurde, gibt es zwei Hauptangeklagte: Die VR China, weil dort im vergangenen Jahr rund 1.000 Menschen im Namen der „Justiz“ ermordet wurden. Und die USA, die sich eine Demokratie nennen und mit ihren 85 Hingerichteten im vergangenen Jahr eines der Länder sind, die im Verhältnis zur ihrer Bevölkerungszahl am meisten exekutieren.

Die Initiative zu dem dreitägigen Treffen von Straßburg kam aus Frankreich, das seine Guillotinen im Jahr 1981 verschrottet hat. Einige jener Franzosen, die 1981 im Hintergrund dafür sorgten, dass François Mitterrand, der in den 50er-Jahren selbst Todesurteile unterzeichnet hatte, als Staatspräsident die Todesstrafe abschaffte, haben 20 Jahre danach eine Internationalisierung ihres Kampfes geschafft. Nachdem sie im vergangenen Jahr einen „Offenen Brief an die Amerikaner über die Todesstrafe“ in Buchform veröffentlicht hatten, fanden sie Unterstützer in zahlreichen nationalen Parlamenten sowie im Europarat und in der EU. Diese Internationalen und nationalen Gremien richten das dreitägige Treffen aus, an dem auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt beteiligt sind.

Neben dem gestern begonnenen Kolloquium, bei dem 110 Personen aus fünf Kontinenten reden werden, stehen heute und morgen Demonstrationen, Kulturveranstaltungen, eine ökumenische Messe im Straßburger Münster und ein feierlicher Abschlussappell auf dem Programm, in dem die Abschaffung der Todesstrafe gefordert wird.

Unterzeichnet wurde der Aufruf zu dem Kolloquium von so unterschiedlich prominenten TodesstrafengegnerInnen wie Bianca Jagger und Wolfgang Thierse, von ehemaligen Insassen von Todestrakten, die im letzten Moment ihre Unschuld beweisen konnten und freigelassen werden mussten, und von Angehörigen Hingerichteter. Viele von ihnen werden sich in Straßburg zu Wort melden.

Die Todesstrafe, so eines der wichtigsten Argumente von Straßburg, ist ein barbarisches Instrument. Sie verstößt gegen das Menschenrecht und gegen alle möglichen internationalen Konventionen. Und sie hat auch nicht den immer wieder von ihren BefürworterInnen behaupteten abschreckenden Effekt. Im Gegenteil: Sämtliche Untersuchungen belegen, dass jene Länder, die massiv die Todesstrafe praktizieren, auch die höchsten Kriminalitätsraten haben.

Die AusrichterInnen des Straßburger Kongresses können sich gewisser Fortschritte bei der Bekämpfung der Todesstrafe auf ihrem eigenen Terrain rühmen. In sämtlichen Mitgliedsländern der EU ist die Todesstrafe abgeschafft. Von den 43 Mitgliedsländern des Europarates (ER) haben 39 Länder – darunter fast alle mitttel- und osteuropäischen Länder – sie ebenfalls förmlich abgeschafft. Die renitentesten ER-Mitglieder – darunter Russland, Armenien und die Türkei – halten sich immerhin an ein Memorandum und praktizieren die Todesstrafe gegenwärtig nicht.

Bleiben immerhin weltweit 86 Länder, die hinrichten. Auf der Liste dieser Schurkenstaaten stehen neben Libyen und dem Irak China, wo die Zahl der Hinrichtungen steigt, und die USA, deren jetziger Präsident zugleich derjenige ehemalige Gouverneur ist, der die Todesstrafe besonders intensiv anwandte. Die USA, die seit der Wiederaufnahme der Hinrichtungen im Jahr 1977 auch die „moderne“ Methode des Vergiftens per Spritze eingeführt haben, exportieren denn auch ihr Modell des Arztes, der als Henker funktioniert, in andere Länder.

Eine multinational besetzte Untersuchungskommission, die im Auftrag der Internationalen Liga für Menschenrechte (FIDH) im April dieses Jahres mehrere US-Gefängnisse bereiste, stellte den USA und ihrer Justiz anschließend ein miserables Zeugnis aus. In dem FIDH-Bericht ist unter anderem die Rede von mangelnder Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter, davon, dass US-Amerikaner, die erklärte GegnerInnen der Todesstrafe sind, erst gar nicht Geschworene werden können, und davon, dass die „rassische Diskriminierung“, zum Alltag jener Gerichte gehört, die Todesurteile aussprechen. Dennoch stellte die FIDH-Kommission auch Positives in den USA fest: So nehme dort das öffentliche Bewusstsein über den Unsinn von Hinrichtungen zu.