Akteneinsicht nicht nur bei Birthlers

Heute stellen die Grünen das Informationsfreiheitsgesetz zur Diskussion. Das Recht auf Akteneinsicht gibt es in einigen Bundesländern schon. Genutzt wird es eher selten. Doch in die Verwaltungen bringt es eine „stille, kleine Revolution“

von WOLFGANG GAST

Noch in diesem Jahr soll das Recht eines jeden Bürgers auf weitgehende Einsicht in Akten der Bundesbehörden gesetzlich verankern werden. Die Bundesregierung hat dazu den Entwurf für ein „Informationsfreiheitsgesetz“ (IFG) vorgestellt. Das Papier wird gerade zwischen den Ministerien abgestimmt. Thema ist das IFG auch heute bei einem Treffen der grünen Bundestagsfraktion mit Bürgerrechtsverbänden wie dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein oder dem Komitee für Grundrechte und Demokratie.

Nach dem Vorbild des US-amerikanischen „freedom of information act“ sollen jedem Bürger auf Antrag Akten, Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos oder auch Tonbänder zugänglich gemacht werden müssen. Gesperrt bleiben dagegen „Bereiche absoluter Geheimhaltung“ wie Landesverteidigung und Staatsschutz. „Keine Einsicht“ heißt es auch, wenn durch eine Anfrage die „behördliche Meinungs- und Willensbildung“ oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt werden. Wer an der Debatte teilnehmen möchte, ist dazu aufgerufen. Seit Anfang des Monats ist der IFG-Entwurf im Internet zur Diskussion gestellt (http://www.bmi.bund.de/frameset/index.jsp).

Das IFG, das SPD und Grüne bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, hatte ursprünglich für Bund und Länder gelten sollen. Nachdem einige Länder eigene Gesetze angekündigt oder bereits verabschiedet haben, bezieht sich der Entwurf jetzt nur noch auf Bundesbehörden. Im Kern der geplanten Regelung steht ein allgemeiner Informationsanspruch, der das Handeln der Behörden transparenter machen soll. SPD und Grüne erwarten sich davon nicht nur eine Stärkung demokratischer Beteiligungsrechte. Gleichzeitig soll der Zugang zu Informationen auch im Interesse der Korruptionsbekämpfung eine verbesserte Kontrolle der Verwaltung ermöglichen. Über Streitfälle im Spannungsfeld zwischen Geheimhalten und Offenlegen soll der Datenschutzbeauftragte des Bundes entscheiden. Er wird mit Inkrafttreten des Gesetz zum „Bundesbeauftragten für Informationsfreiheit“ befördert.

Strittig ist derzeit in der Ressortabstimmung unter den Ministerien, wer die Kosten tragen soll und wie weit der Bereich gefasst wird, in dem eine Auskunft verweigert werden darf. Vorbehalte soll es vor allem im Auswärtigen Amt geben. Dort knabbern die Ministerialen noch an der peinlichen Affäre, die die Veröffentlichung eines geheimen Gesprächsprotokolls zwischen Bundeskanzler Schröder und US-Präsident George W. Bush mit sich brachte.

Ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand ist nach den bisherigen Erfahrungen auf Landesebene nicht zu erwarten. So wurde in Berlin nach einer Prognose des Innensenators zu den Auswirkungen des dortigen Informationsfreiheitsgesetzes mit einem Personalzuwachs zwischen 29 und 89 Stellen und Kosten zwischen 2 und 6 Millionen Mark gerechnet. Diese Zahlen haben sich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht bestätigt. Wie in Brandenburg und Schleswig-Holstein, die über ähnliche Gesetze verfügen, hat sich in Berlin gezeigt, dass Anträge auf Informationszugang bisher nur vereinzelt gestellt werden. Die Regelung in Schleswig-Holstein halte zwar „keinen Dornröschenschlaf“, urteilt Helmut Bäumler, der Datenschutzbeauftragte des Landes. Der halb erhoffte, halb befürchtete Ansturm sei aber ausgeblieben. Eine „stille, kleine Revolution“ hat für den Datenschützer dennoch stattgefunden: Nach Jahrzehnten der Vertraulichkeit der Akten habe es von Seiten der Verwaltung kaum Blockaden gegeben.