Scharping ganz unschuldig

Die Kommission zu Gefahrenstoffen bei der Bundeswehr meint, Verteidigungsminister Scharping entlasten zu können – trotz „einiger Ungewissheiten“ bei den Auswirkungen von DU-Munition. Radaropfer können mit „großherziger Regelung“ rechnen

von BETTINA GAUS

Besser hätte die Nachricht für Verteidigungsminister Rudolf Scharping kaum lauten können: Hinsichtlich der umstrittenen DU-Munition „geben wir Entwarnung und zugleich Entlastung“, sagte gestern der ehemalige Zeit-Herausgeber Theo Sommer bei der Übergabe des Berichts der von ihm geleiteten Untersuchungskommission über den Umgang der Bundeswehr mit Gefährdungen und Gefahrstoffen. Der Einsatz von Geschossen mit abgereicherter Uran-Munition während des Balkan-Krieges gefährde heute weder die Gesundheit der auf dem Balkan stationierten Bundeswehrsoldaten noch die der dortigen Zivilbevölkerung – eine unmissverständliche Aussage, die sich so auch in der knappen Zusammenfassung des Reports wiederfindet.

Bei genauer Lektüre des Berichts der Sommer-Kommission überrascht allerdings die Eindeutigkeit dieses Urteils. In dem Dokument findet sich zwar der beruhigende Hinweis, dass „die Inkorporation von DU-Partikeln“ vermeidbar sei, „wenn im Umkreis von 50 Metern eines Verdachtsortes keine Nahrung aufgenommen, nicht geraucht und die ABC-Schutzmaske getragen“ werde. Zugleich aber wird in dem Report ausdrücklich betont, dass nicht jede der mit der Munition bestückten A-10-Maschinen entsprechend der Zielliste „auf den Punkt genau“ getroffen habe. Infolgedessen blieben „bis heute einige Ungewissheiten“. Und: „Ohne Zweifel ist bisher nicht alles gefunden worden.“ Auf Nachfrage erklärte Theo Sommer dazu gestern: „Ich kann Ihnen nicht sagen, ob alle Zielorte abgeräumt worden sind, aber ich vermute das.“

Die Sommer-Kommission hat keine eigenen Untersuchungen angestellt, sondern stützt sich bei ihrer Bewertung auf bereits vorliegende Expertisen. Unter anderem wird in dem Bericht die Ende März vorgelegte Studie der UN-Umweltorganisation Unep zitiert, in der Fachleute die Verunreinigung von Grund-und Trinkwasser infolge der DU-Munition als mögliches künftiges Risiko werten. Die Wissenschaftler weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ohne weitere Untersuchungen keine verbindlichen Aussagen getroffen werden könnten. Die Mitglieder der Sommer-Kommission halten dieses Risiko für zu gering, um besorgniserregend zu sein.

Verteidigungsminister Rudolf Scharping sieht sich durch den Kommissionsbericht in seiner bisherigen Einschätzung bestätigt. Anfang Januar habe es seitens mancher Medien eine „Panikmache“ gegeben, die „ohne jede sachliche Begründung geblieben sei“, erklärte der Minister auf einer Pressekonferenz. „Ich habe für diese Art der Berichterstattung kein Verständnis.“ Als „Medienschelte“ wollte er seine Äußerungen nicht verstanden wissen.

Erfreulich für die Bundeswehr fiel das Urteil der Kommission auch in anderer Hinsicht aus: Das Asbestproblem hätten die Streitkräfte „eher schneller und gründlicher als die zivile Gesellschaft“ gelöst. Bleibt als drittes Thema des Berichts die Gesundheitsgefährdung, der ein Teil des Radarpersonals der Bundeswehr in den Sechziger- und Siebzigerjahren ausgesetzt war. Hier kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass einige Mitarbeiter „unzweifelhaft“ krebsauslösender Röntgenstrahlung ausgesetzt gewesen seien. Grund dafür seien nicht ausreichend abgeschirmte Radargeräte gewesen.

Mehr als hundert Opfer wollten bisher ihre Ansprüche notfalls gerichtlich geltend machen. Minister Scharping hat in diesem Zusammenhang „streitfreie und großherzige“ Regelungen angekündigt.