■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Staatsräte, Spaziergänger

Händeringend sucht der Präsident des Bremer Senats einen neuen Staatsrat de Luxe, seitdem der bisherige, Erik Bettermann, erklärt hat, dass er was Besseres gefunden hat. Der will lieber „Intendant“ auf der Visitenkarte stehen haben und den Staatsrundfunk „Deutsche Reklame-Welle“ verwalten.

Immerhin ist der Posten nicht irgend einer, der Bundesangelegenheiten-Staatsrat wird offiziell in den Senat gewählt, darf also an Senatssitzungen gleichberechtigt teilnehmen. Diese Regelung hatte dem Posten den Beinamen „de Luxe“ eingebracht und war notwendig geworden, damit der Staatsrat in unwichtigen Fragen im Bundesrat selbst abstimmen darf. Wie er abzustimmen hat, kriegt er natürlich vorher vom zuständigen Bremer Senator gesagt.

Für diesen ehrenwerten wichtigen Posten also wollte Scherf die arbeitslose Christiane Krajewski, die frühere saarländische Wirtschaftsministe-rin gewinnen. Die sagte ab – schließlich winkte ihr der Posten der Berliner Wirtschaftssenato-rin. Dann wollte Scherf den früheren Bremer Staatsrat Jürgen Lüthge, derzeit Geschäftsführer der Baugesellschaft Brebau, gewinnen. Der wollte wohl, wollte aber nicht auf 40 Prozent seines derzeitigen Gehaltes verzichten und hätte deshalb nebenher noch den Geschäftsführer-Posten „h.c.“ bei der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) gern übernommen.

Da stieg den anderen Staatsräten die Neid-Röte ins Gesicht: Sie sollen sich mit lumpigen Aufsichtsrats-Zusatzeinkünften abspeisen lassen und einer kriegt einen Geschäftsführer-Lohn dazu? Niemals. Nun arbeitet man im Rathaus die Liste der entlassenen, also „spazieren gehenden“ Staatsräte ab. Da wäre Günter Niederbremer geeignet, der war sogar Europa-Staatsrat, und das gehört zu den Zuständigkeiten der gesuchten Position, das passt wunderbar. Niederbremer kann belgisch, wird gesagt, jedenfalls kann er sich in Brüssel auf der Straße verständlich machen. Nur englisch und französisch, die Sprachen der EU-Behörden, versteht er nicht. Dafür kennt er sich mit polnischen Leiharbeitern aus und immerhin geht es ja auch um die Ost-Erweiterung der EU. Und auf der Liste nachsehen, wo er im Bundesrat die Hand heben muss, kann er auch. Was gegen Niederbremer spricht: Erstens nimmt er im Dezember immer Sonderurlaub (wegen Weihnachtsbaum-Verkauf), und zweitens hat er das falsche Parteibuch.

Auf der Liste der Spaziergänger steht auch ein Volker Hannemann, an den erinnert sich aber niemand mehr. Staatsratsgehalt bezieht auch Gunther Hilliges. Derzeit bekommt er das Geld dafür, dass er öfter nach Pune in Indien fährt. Der hätte immerhin das richtige Parteibuch. Warum will den eigentlich niemand reaktivieren, fragt sich

Rosi Roland